Saunakultur

Nach Österreich kam die Sauna aus Finnland, aber es gab sie auch in anderen Teilen der Welt: russische Banja, indianisches Schwitzzelt, türkisches Dampfbad oder koreanisches Badehaus. Die Unterschiede in der Saunakultur sind allerdings enorm. Ich persönlich liebe Entspannung und sauniere schon 35 Jahre lang. Und obwohl ich daheim eine eigene Sauna im Keller habe, besuche ich Wellnessoasen, weil sie – abgesehen vom größeren Angebot – auch etwas Soziales bieten: die „Sauna-Runde“.

Naked Ambition. Meine persönliche Empfehlung für Körper und Geist. | © Nora Devai 2005

Eine Sauna (Plural Saunen/Saunas; finnisch sauna; auch Schwitzstube oder finnisches Bad genannt) ist ein auf eine hohe Temperatur erwärmter Raum oder eine Raumgruppe, worin ein Schwitzbad genommen wird. Eine Saunaanstalt ist häufig an eine öffentliche Schwimmhalle oder ein Fitnessstudio angeschlossen und kann mit anderen Einrichtungen wie Dampfbädern oder einem Warmluftbad kombiniert sein.

Definition in: Wikipedia

Ich liebe die Sauna. In letzter Zeit habe ich sporadisch immer wieder verschiedene Saunalandschaften besucht, wie das Ultimo Aquatic Centre in Sydney, das River Island Nature Retreat in New South Wales, das Asia-Spa in Leoben, die Wellnessoase in Gratkorn, die Heiltherme in Bad Waltersdorf, die Auster in Graz-Eggenberg, um nur einige zu nennen. Regelmäßiger Gast war ich im Kawailani in Schrauding, solange sie noch von Heidi Fruhmann geleitet wurde, und bin ich nun in der Nova-Spa in Graz-Gösting, wo wir 2014 Buchstaben-Aufgüsse (Lesungen in der “Short-Story-Spa”) machen werden. Was ich grundsätzlich beobachtet habe, ist, dass ein Großteil der Saunagäste – wie heutzutage auch in FKK-Klubs – offensichtlich Herren im Pensionsalter sind. Die Jugend ist viel prüder geworden als wir das waren und hat das nackte Vergnügen noch nicht für sich entdeckt.

Dass regelmäßiges Saunieren der Gesundheit und der Seele gut tut, ist bekannt. Die nicht unmaßgebliche soziale Komponente eines Sauna-Besuches habe ich bereits erwähnt. Man trifft seine Sauna-Runde regelmäßig am selben Wochentag. In den letzten Jahren war ich mit meiner Partnerin beispielsweise jeden Samstag im Kawailani. Zu Mittag hin, bei Badeschluss (22 Uhr) nachhause. Dort trifft man dieselben Leute; Paare, Singles, Mütter mit Töchtern, kleine Gruppen von Freunden. Man ist per du und kennt oft auch nur den Vornamen, wechselt ein paar Worte, fühlt sich in der „gated community“ geborgen, gerade wenn man nackt ist. Angezogen auf der Straße würde man sich nicht erkennen, scherzt man. Man setzt sich im Whirlpool zusammen, plaudert, spielt Karten. Es ist allerdings selten, dass sich oberflächliche Sauna-Freundschaften über den Zaun hinaus fortsetzen, mit der Ausnahme von Bekanntschaften die eine Herzensangelegenheit werden, was splitternackt natürlich ebenso passieren kann wie andernorts in Kleidern.

Nacktheit ist für Naturisten bzw. Menschen, denen Freikörperkultur vertraut ist, nichts Anstößiges, Schamvolles oder Verletzliches. Sie benehmen sich nackt in Gesellschaft ebenso sicher wie in Kleidern. Im Lauf der Zeit bilden sich zu den gesundheitlichen Sauna-Regeln nämlich auch soziale Gesetze heran, die unbewusst von allen befolgt werden. Hausverstand und Respekt sollten bei den meisten Menschen ausreichen, um sich ordentlich zu benehmen. Zuwiderhandelnde Gäste können vom Saunabetreiber diskret Hausverbot erhalten, wobei man leider auch unschuldig zum Handkuss kommen kann, wenn eine Person aus persönlichen Motiven denunziert

Wie benimmt man sich in unbekleideter Umgebung? Neulinge brauchen vielleicht einige Zeit, bis sie sich daran gewöhnen, dass sie von „nackten Fremden“ in ein ganz normales Gespräch vertieft werden. Wenn man selbst Single ist, kann man durchaus jemanden kennen lernen. Man muss aber vorsichtig und rücksichtsvoll auf den anderen eingehen, sonst könnte die Unterhaltung vom Frischling als aufdringlich empfunden werden. Manche Gäste gehen sogar mit der Absicht in eine Sauna, jemanden kennen zu lernen (schließlich gibt es dort keine „Katze im Sack“), manch andere wollen nur relaxen und dabei nicht gestört werden. Da gilt es sensibel zu sein, denn man wird natürlich beobachtet und exzessives Flirten kann einen schon in Verruf bringen. Sexuelle Belästigung ist absolut unerwünscht. Swinger sind es ebenso. Die finden sich ohnedies in Club-Saunas.

Aber wie ist das mit normalen sozialen Kontakten? Ganz einfach. Man unterhält sich ungezwungen, sieht sich dabei in die Augen. Natürlich registriert man auch den Rest des Körpers, ohne ihn jedoch mit erotischen Gedanken in Verbindung zu bringen. Es ist einem „Textiler“ schwer zu erklären, dass einen ein nackter Busen nicht erregt, wenn es nicht derjenige der Partnerin ist, den man mit völlig anderen Augen sieht. Ob FKK oder Sauna, Nacktheit wird eine Lebensphilosophie. Man möchte nach einigen Jahren gelebter Freiheit gar nicht mehr angezogenen nass oder braun werden und bemitleidet bekleidete Badegäste.

Leider gibt es keine finnische Saunakultur im anglo-sächsischen Raum. Das liegt wohl an der strengen Queen Victoria. Und wenn es doch Nacktheit in Fitness- oder Wellness-Bereich gibt, ist sie – zumindest in Sydney – meist Treffpunkt der Gay Community.

Wenn man hingegen das Umfeld einmal gewohnt ist, wird es völlig natürlich, schwitzend und schwimmend und sonnenbadend absolut nichts am Körper zu tragen. Nasse Kleider auf der Haut zu tragen wird zu einer unangenehmen Vorstellung. Ich persönlich verstehe nicht, wieso man in Sydney bekleidet sauniert. Vor einigen Jahren beim Bau des neuen Aquatic Centres in Ultimo, das immerhin der österreichische Architekt Harry Seidler entworfen hat, war es mir unmöglich, der Stadt begreiflich zu machen, dass man den Saunabereich nicht mit Glastüren neben das 50-Meter-Becken baut, sondern in einem getrennten Stockwerk wie in meinem Beispiel Amalienbad – Hallenbad der Stadt Wien.

Ursprung, am 31. Okber 2013

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