Nachteulen sei die Lange Nacht der Bücher, die legendäre Eröffnung der BUCH WIEN, wärmstens empfohlen: Mit Eröffnungskonzert und vielen hochkarätigen Gästen! Unter ihnen befinden sich die Starautorin Vea Kaiser und der Schauspieler Tobias Moretti. Übrigens: Heuer ist auch die Eröffnungsrede erstmals öffentlich zugänglich. Eine weitere Überraschung haben wir im Gepäck: Das Opening einer Ausstellung, die erstmals in Wien und direkt auf der Messe zu sehen sein wird. Wann? Mittwoch, 6. November ab 18.00 Uhr.
Gibt es Otmar Klammers Jazz & Wein in der Südsteiermark wirklich schon sieben Jahre? Ich denke nach: Das erste Festival muss 2013 stattgefunden haben, da war ich in Australien, ’14 habe ich zu spät davon erfahren, ’15 hatte ich eine Terminkollision mit meinem eigenen Benefizkonzert in Stattegg, ’16 und ’17 war ich backstage dabei, voriges Jahr leider nur am Sonntag, weil im Rollstuhl. Seither gehöre ich fast zur Familie. Heuer stehen keine Hindernisse im Wege und ich freue mich darauf, Otmars Jazz-Träumereien live zu erleben und meine Eindrücke in diesem Artikel festzuhalten.
Miguel Zenón, privat
Donnerstag, Weinkeller Schloss Seggau
Eröffnet wurde mit zwei Darbietungen, die unterschiedlicher und doch ähnlicher nicht hätten sein können: das gitarrenlastige Trio des schrulligen Belgiers Philip Catherine mit Bossa Nova Paulo Morello und dem Deutschen Sven Faller am Bass, die Tunes aus ihrem neuen Album „Manoir de mes Rêves“ spielten – und danach die experimentelle Formation DAS KAPITAL mit Edward Perraud, einem derart quirrligen Schlagzeuger, dass kein einziges Foto scharf wurde, Daniel Erdmann, einem genialen Saxofonspieler und dem vielseitigen Hasse Poulsen, der ein zweites Leben als Singer-Songwriter hat. „Vive La France“ nannte sich ihr Programm und in so manchem Tune war das Original noch zu erkennen.
Backstage und am Plattenstand, wo die Alben wie warme Semmeln verkauft wurden, war die Sprache des Abends natürlich Französisch und ich hörte gern zu. Ich tauschte eine CD mit Hasse (Hänschen) Poulsen, die den interessanten Titel „Not Married Anymore“ trug. Darüber hinaus hielt ich meinen Mund weitgehend geschlossen, da meine Französischkenntnisse schon auf ein peinliches Niveau gesunken waren. Ich erinnere mich in solchen Situationen an „si tacuisses, philosophus mansisses“ und erspare mir damit eine gröbere Blamage. Mit meinem Spanisch gings mir am Folgetag ähnlich, aber da sprach jeder Englisch.
Freitag, Kulturzentrum Leibnitz
Mit Miguel Zenón hatte ich backstage vor seinem Auftritt ein nette Plauderei über seine Heimat Puerto Rico, nachdem er sein Saxofon aufgewärmt hatte. In seiner Band spielt der Auslandsösterreicher Hans Glawischnig am Bass, der Venezolaner Luis Perdomo am Klavier, und Henry Cole bedient das Schlagzeug. Viel Applaus erhielt jedes der Soli wie auch das Quartett als Ganzes für die Synergie aus hochkonzentrierten Individualisten, die erst am Ende ein entspanntes Lächeln zeigten.
Ganz anders waren die Finnen, die mit ihrer Espoo Big Band rund um Marzi Nyman von der ersten Note an Spass hatten. Die Mannen (die ebb besteht zu 100% aus Männern – wo waren eigentlich die Frauen im Festival?) sind nicht nur professionelle Musiker, sondern auch Unterhalter und gestalten ihre Show mit einer guten Portion Humor. Musikalisch erinnern sie mich an die Big Band Steiermark mit The Base, aber diese Ähnlichkeit liegt nahe, wenn 19 Musiker gemeinsam einen Klangkörper bilden.
Freitag, Altes Kino
Rund um Mitternacht gabs noch Musik zum Chillen vom Duo Hope, dem Amerikaner Kevin Hays und Lionel Loueke aus Benin im Alten Kino, einem neuen Venue in Leibnitz. Da ich Frühaufsteher bin und seit 5 Uhr auf den Beinen, war ich zu dieser Nachtzeit sehr übermüdet und froh, im Retzhof ein Zimmer zu haben.
Workshop Jazzfotografie mit Frank Schindelbeck
Samstag, Kulturzentrum Leibnitz
Ich fragte Noah Preminger nach dem Wow-Konzert seines Quartets mit Jason Palmer, Trompete, Kim Cass, Bass und Dan Weiss am Schlagzeug, warum er seine Stücke als „songs“ vorgestellt hatte, wo sie doch allesamt instrumental waren, und ich mir immer vorgestellt hatte, ein „Lied“ müsse gesungen werden. Hm, da war er nicht ganz sicher, im amerikanischen Jazz hätte sich das eingebürgert, „piece“ wäre OK, wohingegen sich „tune“ eher auf leichte Melodien à la Broadway beziehen würde. Man lernt nie aus.
Als der große Tom Harrell die Bühne betrat, erschrak ich. Mit 73 wirkte er wie ein Hundertjähriger, von einer seltenen Krankheit gezeichnet, stand gekrümmt und totenstarr einfach da. Er sah aus als wäre er im Stehen eingeschlafen, bis er seine Einsätze präzise einzählte. Dann kam urplötzlich Leben in den alten Mann und seine langen Finger eilten über die Tasten der Trompeten, als würde er keinerlei körperliche Beschwerden haben. Wer die Augen geschlossen hielt, hörte tatsächlich wunderbare Kompositionen eines Stars, der in seiner 50-jährigen Karriere mit unzähligen Jazz-Größen gespielt hat. Musik ist eben die beste Medizin.
Hausfotograf Peter PurgarImmer schnell, die lieben Kollegen
Backstage mit lieben Kollegen und den Künstlern. Herzlichen Dank an Peter und Hannes für die Aufnahme in die „Familie“ und Manfred für das leckere Catering.
Das ohnedies dichte Programm bis zum traditionellen WEIHNACHTSKONZERT wird noch dichter, denn von 9. bis 29. November feiert Otmar Klammer 25 JAHRE STOCKWERKJAZZ mit Women in Motion
Sa., 21. September, 20 Uhr ALEX DEUTSCH & PETER HERBERT (A) 60th birthday bash Solo + Duo drum ’n’ bass
Di., 1. Oktober, 20 Uhr TOMORROW TRIO (CH / D / NL) All Those Yesterdays Omri Ziegele – altosax, nai, voice, Christian Weber – bass, Han Bennink – drums
Mi., 9. Oktober, 20 Uhr Phil Donkin’s MASTERFROWN (GB / NL / D) Phil Donkin – double bass, Joris Roelofs – bass clarinet, Wanja Slavin – saxophones, Martin France – drums
So, 13. Oktober, 20 Uhr open music ANTHONY COLEMAN & GUESTS (US / A) Anthony Coleman – piano, Clemens Salesny – saxophone, Daniel Riegler – trombone, Philipp Kienberger – bass, Matthias Koch – drums
Mi., 16. Oktober, 20 Uhr JBBG Smål – GRAN RESERVA featuring: Gianluca Petrella (I) – trombone Horst-Michael Schaffer – vocals, trumpet, Heinrich von Kalnein – saxes, flute, Uli Rennert – keyboards, Thomas Wilding – e-bass, Tom Stabler – drums
Do., 17. Oktober, 20 Uhr EDDIE LUIS & HIS JAZZ PASSENGERS (A) PianoForte – A Tribute to the Jazz Piano Matyas Bartha – piano, Eddie Luis – bass, Viktor Palic – drums
Fr., 18. Oktober, 20 Uhr STYRIAN IMPROVISERS ORCHESTRA Das dirigierte Improvisationsorchester featuring Annette Giesriegl und Seppo Gründler
Mo., 21. Oktober, 20 Uhr THE CLAUDIA QUINTET (US) Chris Speed – clarinet, tenor saxophone, Red Wierenga – accordion, piano, Drew Gress – bass, Matt Moran – vibraphone, John Hollenbeck – drums, composition
Di., 22. Oktober, 20 Uhr open music DELL LILLINGER WESTERGAARD (D) Boulez Materialism Christopher Dell – vibraphone, Jonas Westergaard – bass, Christian Lillinger – drums
Mo, 28. Oktober, 20 Uhr open music TREE (A / CH) Georg Vogel – piano, Andreas Waelti – double bass, Michael Prowaznik – drums
Mo., 4. November, 20 Uhr open music REISINGER-ROM-SCHRÖDER-WEBER (A / D) Mario Rom – trumpet, John Schröder – guitar, Christian Weber – bass, Wolfgang Reisinger – drums, percussion, electronics
Mi., 6. November, 20 Uhr NENAD VASILIC TRIO (SRB / A) Twenty Years Later Romed Hopfgartner – soprano saxophone, Marko Zivadinovic – accordion, Nenad Vasilic – bass
25 JAHRE STOCKWERKJAZZ Women in Motion 9. bis 29. November
Mi., 13. November, 20 Uhr STEFAN HECKEL & JULIAN ARGÜELLES & MICHAEL KRÖSS (A / GB) piano – tenor saxophone – bass
15. – 17. November Jazzwerkstatt Graz presents SHORTCUTS tba.
Mo., 18. November open music KASSA OVERALL (US) Go Get Ice Cream and Listen to Jazz Kassa Overall – vocals, drums, electronics, Mike King – piano, synthesizer
Di., 19. November, 20 Uhr MARTA SANCHEZ QUINTET (US) Danza Imposible Marta Sanchez – piano, Jerome Sabbagh – tenor saxophone, Roman Filiu – alto saxophone, Rick Rosato – bass, Daniel Dor – drums
Do., 21. November, 20 Uhr EDDIE LUIS & HIS JAZZ PASSENGERS Take Five – A Tribute to the Dave Brubeck Quartet Kire Kuzmanov – alto saxophone, Arsenije Krscič – piano, Eddie Luis – bass, Andjelko Stupar – drums
Flipside Tale – Phobos
Di., 26. November, 20 Uhr VIOLA HAMMER (A) piano solo FLIPSIDE TALE (A / DK) CD-Präsentation: Phobos (Quinton Records)
Sa., 14. Dezember, 20 Uhr ALEXANDER VON SCHLIPPENBACH TRIO (D / GB) Die Winterreise Evan Parker – saxes, Alex von Schlippenbach – piano, Paul Lytton – drums
Do., 19. Dezember, 20 Uhr EDDIE LUIS & HIS JAZZ PASSENGERS present THE SUPREME SISTERS Christmas Special Elina Viluma – Sopran, Miriam Kulmer – Sopran, Patrisha Skof – Alt
Sa., 21. Dezember, 21 Uhr WEIHNACHTSKONZERT Dagmar Hödl – Mezzosopran, Seppo Gründler – Gitarre, Heimo Puschnigg – Klavier, Reinhard Ziegerhofer – Bass, Josef Klammer – Schlagzeug, Elektronik
Das Guidebook liegt im Besucher*innen und Pressezentrum des steirischen herbst (Kaiser-Josef-Platz 4, 8010 Graz) auf und ist beim Kauf eines Festival-Passes inkludiert.
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Endlich eine großartige Performance von den beiden „Meisterköchen“ Mathias Lodd und Lukas Walcher in dieser Koproduktion mit dem Schauspielhaus Graz.
Und das wars dann auch für mich. Der –steirische herbst– wie wir ihn kennen und zu schätzen gelernt haben ist nicht mehr. Nicht ohne Ironie ist der Schriftzug durchgestrichen. An seiner Stelle haben wir einen „russischen herbst“ verordnet bekommen, der sich „Diskussionen über die Gegenwart und politische Vergangenheit“ mit einem aktiv reflektierenden Publikum wünscht.
Das ist kein „Festival“ mehr, auch wenn sich Ekaterina Degot in ihrer Pressekonferenz rühmt, dass sich 43,000 Menschen (Schulklassen mitgezählt) an den zahlreichen Ausstellungsorten getummelt haben sollen. Ob die auch wieder bei einer nächsten „konsequent und kompromisslos“ unveränderten Ausgabe (12. September bis 18. Oktober 2020) wieder kommen?
Wir müssen uns daran gewöhnen, schreibt Ute Baumhackl in der „Kleinen Zeitung“. Nein, müssen wir nicht. Es ist unser Geld, unser Festival, unser steirischer herbst.