30 Jahre Gangan Verlag

Am 14. Jänner 2015 feierte der Gangan Verlag 30 Jahre seines Bestehens im Literaturhaus Graz. Gerhard Melzer begrüßte, Gerhard Fuchs führte ein, Gerald Ganglbauer las aus seinem Buch “Ich bin eine Reise” , The Base spielte feine Musik und der Buchautor sang mit. Anschließend wurde den preisgekrönten Weinen vom Vinothek Verlag zugesprochen und das gelungene Fest klang im Thomawirt erst weit nach Mitternacht aus.

Gerhard Fuchs
Beginnen, Bewegen, Verändern.
Gerald Ganglbauers Reise.

Eine kurze Einleitung. Der Versuch, Ihnen Horst Gerald Ganglbauer vorzustellen. Kennt man den? Noch, wieder? Vielleicht eher die Älteren, die sich erinnern. Die Älteren, so wie ich. Denn weg war er lang, aus Graz seit 1986, aus Österreich seit 1989. Und seit 2013 ist er wieder da, in seinem Haus da draußen, nördlich von Andritz, jenem Bezirk, von dem aus er aufgebrochen ist, in vielerlei Hinsicht.

Also wie beginnen? Ich beginne damit, den Autor, Buchmacher und Reisenden vorzustellen, indem er sich selbst vorstellt. Programmatisch nämlich, mit einem seiner Gedichte. Auch wenn der Verleger und Zeitschriftenherausgeber damals bald und heute erst recht nichts von seinen eigenen literarischen Texten wissen will – dennoch:

“beginnen”

aufhören
das vierblättrige kleeblatt
in der wiese zu suchen
da das glück
neben einem liegt.

aufhören
einem “ichweißnichtwas”
nachzulaufen
da eine offene hand
nur zu ergreifen ist

aufhören
das verdammte wort
“aufhören”
überhaupt zu denken
denn überall steht “beginn”

Das Gedicht “beginnen” stammt aus der Nummer 8 der in Bad Ischl als Schülerzeitschrift gegründeten und in Graz neu ausgerichteten “Perspektive”, einer Zeitschrift, die in der Steiermark als Periodikums-Dauerbrenner neben den “manuskripten”, den “Lichtungen” und dem “sterz” über Jahrzehnte Wegmarkierungen setzte. Diese Nummer 8 wurde im Sommer 1982 zusammengestellt und Gerald Ganglbauer blieb für drei Nummern federführend. Damals war der 24-Jährige TU-Student der Verfahrenstechnik mit einer Menge Tagesfreizeit, wie man so sagt, drauf und dran, jene Frau zu heiraten, die er bei einer/seiner Lesung im Forum Stadtpark kennen gelernt hatte: Petra Ganglbauer nämlich. Ein Beginn also, ebenso wie der von ihm mitgetragene Neustart der “Perspektive”. Das Neue lässt sich meist nur beginnen, wenn das Alte zu Ende ist. Nach drei Nummern Perspektive daher ein Mitarbeitsende und ab 1984 die neue Karriere als Verleger mit dem “gangan”-Verlag: das althochdeutsche gangan heißt bewegen, entwickeln, verändern, ein Verlagsmotto, ein Lebensmotto. Ein Neugieriger, der sich ständig neu orientiert, wach bleibt, mit dem Preis allerdings, dass vieles zu Ende geht, damit es dem Neuen Platz machen kann. Ab 1984 sechs Jahrbücher mit zuerst essayistisch-kulturkritischen, dann auch i.e.S. literarischen Beiträgen mit unterschiedlichen Herausgebern, 1989 das letzte mit den Editoren Franz Josef Czernin und Ferdinand Schmatz, wobei diese beiden Namen gleich als Fingerzeig für Ganglbauers literarische Geschmacksbildung gelten können: sprachbewusste, teilweise experimentelle Literatur, schwere Kost sozusagen, weitgehend unverkäuflich, kein Massenprodukt.

Bis 1994 gibt es 22 “gangan”-Publikationen in Print-Form, Autoren sind im Lauf der Jahre neben der seit 1986 zur Ex-Ehefrau mutierten, aber bis heute freundschaftlich verbundenen Petra, ein Peter, Pessl nämlich, der sich auch als Lektor für die diese Bewegung einsetzt, Mike Markart, Reinhold Aumaier, Magdalena Sadlon, Marc Adrian und noch ein – höchst talentierter und formbewusster – Peter, der sich leider wie viele aus jener Grazer Literatengeneration per Alkohol selbst zerstört hat: Peter “Pjotr” Köck, der noch kurz vor seinem Tod 1989 eine Werkausgabe bei “gangan” plante, von der dann bislang nur zwei Bände erschienen sind. Der Verleger jedenfalls ist nicht selbstmordgefährdet, auch nicht ökonomisch, er riskiert zwar auch sein eigenes Geld im Lauf dieser “gangan”-Jahre, bleibt aber der Realität so weit verbunden, dass er nicht in die pekuniäre Katastrophe abdriftet, er macht, er tut, er initiiert, er unterstützt, so lang eben, wie es irgendwie geht. Geld verdient er ab 1989 woanders, in Australien nämlich, wohin es ihn als Folge weiblicher Umgarnung mehr oder minder zufällig verschlägt. Dort ist er in kürzester Zeit Auslandsösterreicher und Eingebürgerter, organisiert Abenteuer-Trips für erlebnisgeile Touristen, verdient nicht schlecht als Graphiker und dann Webdesigner, stets einer der Ersten und im ökonomischen Konkurrenzkampf eine Nasenlänge voraus. Kein Geld bringt ihm “gangway” ein, ein Internet-Literaturmagazin, das bereits seit 1996 online ist, nunmehr in der 46. Ausgabe, ein Textacker mit österreichischen und australischen Literaturpflanzen, meist bunt gemischt, manchmal auch thematisch gebündelt, etwa zu Kulturhauptstadt Graz 2003.

Ein Hort der Kontinuität, Ganglbauer ist keiner, der in kürzester Zeit die Lust verliert und ununterbrochen zu neuen Ufern aufbrechen muss – eine merkwürdige Mixtur von Erprobtem und Verworfenem, das einen Neubeginn erfordert. Das Alsob und das Spiel, die Negierung der zwanghaften Realitätsfiktion sind der Antriebsmotor für die Reisen des Gerald Ganglbauer, die nicht nur Ortlosigkeit, Ortsveränderungen und Ortswechsel in einem räumlichen Sinn sind, sondern auch Neuentwürfe von Identitäten, eine Veränderungsbereitschaft, die die radikale Selbstnegation zumindest nicht ausschließt. Das Glück, das im Eingangsgedicht neben einem liegt, ist dabei immer ein konkretes, mit Personen, Situationen, Orten verbunden, keine abstrakt-philosophische Größe, der es an erfahrungsgesättigter Verwurzelung mangelt. Der Freude am Realen, an Frauen, am Meer, der Sonne, der Nacktheit, dem Sprechen und Zuwenden ist aber auch ihr Widerpart eingeschrieben: der Verlust, das Altern, die Krankheit, das Verstummen. 2006 wird Ganglbauer mit der Diagnose “Parkinson” konfrontiert, zwei Jahre später geht er als Fünfzigjähriger in Frühpension. Der Umgang mit der Krankheit ist letztendlich wiederum ein offensiver: Aktivitäten in der Parkinson Selbsthilfe Österreich und in New South Wales, Mitaufbau der österreichischen Parkinsonberatung, v.a. auch in der Online-Version.

Allerdings auch keine Mythisierungen und Selbststilisierungen: In Interviews und Texten thematisiert er die Zeiten der Depression, der Mutlosigkeit und Aussichtslosigkeit. Dennoch schon wieder ein Neubeginn: 2014 die Veröffentlichung des Lebensberichts “Ich bin eine Reise”, nach 20 Jahren wieder ein Print-Buch im Gangan-Verlag. Der Autor schneidet drei Textebenen mit unterschiedlichen Entstehungszeiten, welche die jeweiligen Bewusstseinshorizonte dokumentieren, ineinander: der träumerisch-romantische Maturant, der erfahrungssüchtige Mitdreißiger und der doch einigermaßen erfahrungsgesättigte Fünfzigjährige mit seinem Zentralthema “Parkinson” und einer ganz besonderen Liebesbeziehung in den letzten Jahren. Über den individuellen autobiographischen Horizont hinaus scheint mir Ganglbauers Lebengeschichte nicht untypisch für ein Generation von literaturinteressierten bis literaturbesessenen österreichischen Jugendlichen in der Post-68er-Ära, die die internationale Flower-Power-Bewegung, die sexuelle Revolution und den politischen Oppositionsgeist zu einer ganz individualistisch-anarchischen Existenzweise amalgamiert haben, die das Reise- und Aufbruchsmotiv zentral stellt, nie einer melancholischen Handlungs- und Tatenlosigkeit das Wort redet. Geredet wird schon, aber auf ein Gegenüber bezogen, mit Wünschen und einem Sich-selbst-Aussetzen verbunden, geschrieben, veröffentlicht und verlegt wird auch, aber nicht im Sinn des Zurschaustellens des fertigen Produkts, sondern innerhalb eines Prozesses, stets auf der Reise, innen wie außen. Festlegungen sind zu vermeiden: ein wenig Andritz überallhin, nunmehr ein bisschen Sydney nach Stattegg. Die Chimäre des vierblättrigen Kleeblatts mag die ständige Suche antreiben, dieser Reisende findet aber auch, hier, gleich neben sich, die offene Hand, die es zu ergreifen gilt, auch wenn sie wieder los lässt, die eigene oder die andere. Die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen zu bringen, Kunst und Leben ineinander überzuführen, sich am Pathos des Futurs aufzurichten waren Eckpfeiler einer nicht zuletzt romantischen Existenzform, die in einer durchökonomisierten Welt kaum noch zu realisieren ist.

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In einem Interview mit Barbara Belic erinnert sich Ganglbauer an Weltreisen mit dem Flugzeug vor 9/11, als stand-by Spontanflüge und Gelage in der Maschine bei Überseeflügen noch möglich waren. Das hat aufgehört, wie so vieles andere nicht mehr möglich ist, öffentlich wie privat, und die Ortlosigkeit des Webnomaden den seinerzeitigen realen Neubeginn als virtuelles Glücksversprechen inszeniert, das in der Täuschung ohne Enttäuschung auskommt. Die Reisen des Gerald Ganglbauer sind demgegenüber schmerzende Sisyphos-Unternehmungen mit Beulen und blauen Flecken, die das “verdammte wort aufhören” im Denken negieren, um es im und am Körper umso mehr als Begrenzung zu verspüren. Solche Akte der ehrlichen Selbstentblößung sind der Literatur eigen, aber auch der dokumentarischen Schilderung, wenn sie am Ich ansetzt. Zurechtgeschneidert und der pragmatischen Rezeptionssteuerung angepasst sind beide Artikulationsformen; als Erinnerung beginnen sie etwas, was eigentlich schon vorbei ist und übernehmen so Gewähr für das Andauern des Vergangenen. Nach all den äußerlichen Reisen ist jemand noch lange nicht angekommen; wenn er sich im Inneren seines Wegseins versichert, ist er angekommen, indem er fortgeht.

Gerhard Fuchs
Literatur h aus Graz, 15. Jänner 2015

SPÖRK im Lässerhof

Christof Spörk, “Salzburger Stier 2014”, empfiehlt in seinem neuen Programm “Ebenholz” (seine Klarinette) das Hamster-Rad zu verlassen und stattdessen zu L-E-B-E-N: lieben, essen, budern, entspannen, nix tun. Gar kein schlechter Rat, den ein begeistertes Publikum im Lässerhof erhielt, das zwar nicht derb, aber dennoch zart verarscht wurde. Politik und Gesellschaft zu spiegeln ist schließlich die Aufgabe guten Kabaretts. Jetzt keimt im “schwarzen Stattegg“ grünes Saatgut.

Sprachgewandter stand-up comedian entpuppt sich als steirisches Urgestein

Christof Spörk live im Lässerhof | © Gerald Ganglbauer 2015

Er hat sich einige Werkzeuge der tief verwurzelten Volkskultur ausgeborgt, um in der Gegenwart an versteinerten Denkmustern zu rütteln. So beginnt er die Schau mit einem Jodler, in dem er sich selbst elektronisch looped und immer wieder seine Stimme in einer neuen Tonspur darüber legt. Diese Klammer schließt er am Ende mit seiner Klarinette, die seinem Programm auch den Titel geliehen hat: Ebenholz. Das besagte Instrument ruht in einem alten Attaché-Koffer, seinem Büro, und darum herum schlingt er lose seine Geschichten, Lieder und Sketches. Der Steirer überzeugt ab dem ersten Satz mit Intelligenz, Witz und Kenntnissen. Und das perfekt in allen Dialekten Österreichs. Er wäre wahrlich ein guter Politiker. Kein transparenter, denn zu viel Transparenz sei gar nicht gut, meint er. Ein altes Antonym, blickdicht sei daher längst ausgestorben. Aber in vielen Fällen gäbe es Bedarf für eine blickdichte executive decision.

Christof Spörk kam 1972 in Voitsberg zur Welt, musizierte in der 80er Jahren in der Familienmusik Spörk, maturierte in Köflach, studierte Politikwissenschaften in Wien und hat sich nun im Südburgenland niedergelasssen, weil in der Bundeshauptstadt der Quadratmeterpreis unerschwinglich war. Seine vier Kinder gehen im steirischen Fürstenfeld zur Schule (das Harvard Burgenlands, wie er es nannte) und zwischen Fürstenfeld und Feldbach siedelte er auch eine Parodie der Freiwilligen Feuerwehr in tiefstem Oststeirischen Dialekt an: ich habe selten so gelacht. Es war vor ländlichem Publikum im schwarzen Stattegg ein Wagnis, die heilige Kuh über den Tisch zu ziehen, er erntete jedoch tosenden Applaus. Rot/Schwarz/Blau kam überhaupt nicht gut weg. Es wäre an der Zeit für die Grünen. Die Gemeinderatswahl am 22. März 2015 wird zeigen, ob die grüne Saat in Stattegg aufgeht.

Spörk dissertiert mit Musik & Politik in Kuba 1959 bis 1999 (was sein ausgezeichnetes Spanisch erklärt), heiratet und arbeitet als außen- und innenpolitischer Redakteur bei profil. 2003 bekommt er den ersten “Salzburger Stier” für das Landstreich-Programm “Stau”, 2005 hat er einen desaströsen Auftritt beim Song Contest 2005 in Kiew. Aber er ist ist ein guter Unterhalter und kennt sein Charisma, bezieht das Publikum spontan mit ein, kommt gut rüber und schreibt immer mehr Musik-Kabarett. Er wird als stand-up comedian immer besser. Lieder schreiben ist seine wahre Liebe und voriges Jahr bekommt er wieder den “Salzburger Stier”. Ein Faden seines Programmes sind falsche, weil zu hohe/niedrige Erwartungshaltungen. Und weil er sie für das Publikum senkt, gewinnt er Sympathien. Tut und sagt was er denkt und beschenkt 200 Zuhörer mit einem wunderbaren Abend.

Ursprung, am 10. Jänner 2015

Auster Open 2014

Das AUSTER OPEN hat schon Tradition in Graz-Eggenberg. Leo Kysèla und Freunde spielen dort ihre neuen Lieder dem Sommer zum Gefallen. Heuer spielten sie allerdings nichts Neues, sondern ein “best of slow songs 1988-2013”. Leider auch nicht mehr in der gemütlichen hinteren Ecke des Badeareals, sondern gleich hinter dem Eingang auf der Betonrampe. Keine gute Wahl wie es schien, wenn man das Publikum beobachtete: Kein mitschnippen, mitsingen, und tanzen zur Musik wie vor zwei Jahren. Dennoch ein schöner Abend voller Geigen (schon wieder) und langsamer Balladen.

Das letzte Mal bin ich Leo vor zwei Jahren in Wien über den Weg gelaufen. Wir waren zufällig beide Podiumsgäste bei der Barbara-Karlich-Show. Das war kurz vor dem Auster Open 2012, das ich danach besuchte, weil ich den Soulman schon lange nicht mehr gehört hatte. Damals spielte er für mich neue Balladen, die ich jetzt, bei der 2014 Ausgabe, schon beim ersten Akkord wieder erkenne. So vertraut wurden mir inzwischen die Lieder, dass ich gar nicht bedauerte, nichts Neues auf seinem neuen Album zu finden, sondern einfach das Beste. “Back In The Days”, “Stand By Me”, oder “Together”, das eine Hymne für die Parkinson Selbsthilfe wurde.

Zwei Jahre später, wieder in der Auster. Da saßen wir nun bei einem gepflegten Wein am Tischchen unter Menschen mehrheitlich Mitte 50+ auf Plastikstühlen. Und keiner kam der Aufforderung nach, mitzuschnippen (außer mir), oder sang den Refrain von Lou Reeds Walk On the Wild Side nach Ermunterung des Barden an der Gitarre vor (außer mir). Es herrschte eine ehrfürchtige Stimmung, ähnlicher der eines klassischen Konzerts als einem Soul- und Blues Open Air. Es mußte wirklich an der Bestuhlung liegen, denn vor zwei Jahren waren es dieselben Menschen, die Holzbänke vorfanden, von denen man lieber den Allerwertesten erhob um die Knochen ein bisschen zu bewegen. Damals tanzte und lachte man noch auf der Wiese vor der Bühne, heuer war alles irgendwie steif.

Publikum damals und heiute

Die Band war dieselbe. Leo Kysèla (vocals, guitars, bass guitar, blues harp) Louis Kiefer (bass guitar, ac. guitar, trombone) Jasmin Holzmann (vocals, percussion) Sascha Pätzold (viola, string perc.) Support & Guest: Joerg Veselka (vocals, guitar, mandolin) Special Guest: Giorgio Hammer (viola). Die Lieder waren nach wie vor gut, die Stimmen und die Arrangements einzigartig.

Stand By Me
                     
               When the night has come
                 And the land is dark
                 And the moon is the only light we'll see
                 No, I won't be afraid
                 Oh, I won't be afraid
                 Just as long as you stand, stand by me
               So darling, darling
                 Stand by me, oh stand by me
                 Oh stand, stand by me
                 Stand by me             
               If the sky, that we look upon
                 Should tumble and fall
                 And the mountain should crumble to the sea
                 I won't cry, I won't cry
                 No, I won't shed a tear
                 Just as long as you stand, stand by me
               And darling, darling
                 Stand by me, oh stand by me
                 Oh stand now, stand by me
                 Stand by me             
            And darling, darling
                Stand by me, oh stand by me
                Oh stand now, stand by me, stand by me
                Whenever you're in trouble won't you stand by me
                Oh stand by me, oh won't you stand now, stand
                Stand by me
                Stand by me
Read more: Ben E. King – Stand By Me Lyrics | MetroLyrics
Back In The Days feat. Joerg Veselka | Video: © Gerald Ganglbauer 2014

Ich weiss nicht, wie alt Leo Kysèla ist. Das hat er in seiner Biografie vergessen zu erwähnen. Er begann mit 12 Jahren zu musizieren, hatte mit 15 die erste eigene Band und erste Auftritte. Zwischen 17 und 19 war er bereits als Solist in Sachen Blues tätig. Danach Architekturstudium, zahlreiche Bandprojekte, Liveauftritte. Er ist 1,90 groß gewachsen, blond und blauäugig, im Sternzeichen Zwilling und Aszendent Widder. Ich lernte ihn an der Seite von Ripoff Raskolnikov kennen, so etwa Anfang der 80er Jahre. Damals spielte er im Duo Power Project.

Er blieb aber bis heute unter dem Radar der Musikindustrie, hat keinen Plattenvertrag, ist nicht auf Wikipedia, hat kein Album auf iTunes. Seine CDs sind im Eigenverlag erschienen und die gibt’s nach den Konzerten zu kaufen. That’s it. Er ist Architekt, Tennislehrer, Skipper, jedoch seit 1986 hauptberuflich Musiker, Komponist und Produzent. Und vom Strahlen seiner Augen abgeleitet, als ich ihn auf ein kurzes Gespräch treffe, scheint er glücklich zu sein. Das Leben schmeckt ihm. Was will man auch mehr von der Musik.

Diskografie (Auswahl):

Soul Singer” Best of Slow Songs 1988-2013 (2014), Gurgaon Sunset (2011), Living in the Steinwehr (2008), Live im Bad zur Sonne (2006), The Souly Nights 1999 (2000).

Leo Kysèla am Web – www.kysela.at

Ursprung, am 20. Juni 2014

21st Century Bluesman

Es muss 1982 oder 1984 gewesen sein, jedenfalls noch im Zeitalter der Musik-Kassetten, dass ich Ripoff Raskolnikov, der eigentlich Lutz Knoglinger heisst, als 20th Century Bluesman für eine Mini-Gage auf die Bühne der “Grazer Straßenliteraturtage” holen durfte. Drei Jahrzehnte später, im 21. Jahrhundert, habe ich ihn in einem urgemütlichen Aussie Pub in Graz wieder entdeckt. Nach der Gage habe ich gar nicht erst gefragt, aber wie es denn seiner Frau ginge. Oops, Fettnäpfchen.

1984 widmeten wir ihm eine Doppelseite im allerersten Gangan-Buch, seither ist viel geschehen.

Als ich grinsend auf ihn zu steuere, hat er mich zuerst gar nicht erkannt. Nun ja, drei Jahrzehnte müssen Spuren hinterlassen haben. Damals, zur Zeit jener fünf Jahre lang von mir organisierten “Grazer Straßenliteraturtage”, waren wir beide jung, glücklich verheiratet und unverwundbar. Aber jetzt, mit all den Lebenserfahrungen unterm Gürtel, ist sein Blues noch besser, gereifter, authentischer und das führt er zurück auf “die Konsequenz, mit der er seinen Weg geht, ohne sich um Modeströmungen jeglicher Herkunft zu kümmern, und die unerschütterliche Integrität, mit der er versucht, menschliche Emotionen wie Liebe, Leidenschaft, Verlust, Schmerz, Verlangen, die Suche nach Schönheit, den Hunger auf das Leben oder die Angst vor dem Tod auszuloten und in Musik zu verwandeln”, wie es auf seiner Homepage steht und was nicht besser formuliert werden kann – www.ripoffraskolnikov.com

Ripoff Raskolnikov wurde am 9. August 1955 in Linz geboren, kam bald darauf nach Graz und als wir uns kennen lernten war er in Gleisdorf verheiratet. Nach meiner Scheidung und dem damit einhergehenden Umzug nach Wien im Jahr 1986 haben wir einander für lange Zeit aus den Augen verloren. Es hat ihn nach Budapest (Ungarn) verweht, jetzt lebt er wieder in Graz. Ein umtriebiger Singer/Songwriter, dessen Biografie auch irgendwie an meine eigene erinnert. Auch nach meinen 25 Jahren “on the road” in Australien habe ich meine temporären Luftwurzeln wieder in die Gartenerde der alten Heimat vergraben. Vielleicht spricht mich Blues auch deshalb an, obwohl seine Vertreter wie Blind Willie McTell, Skip James, Robert Johnson oder John Lee Hooker nicht gerade zu meiner täglichen Kost gehören. Auch wenn man in diese Musik durchaus hinein kippen kann.

Ein 14:20 Medley aus Open Air und Pub | Video: © Gerald Ganglbauer 2014

Als Draufgabe gab es noch eine Ballade von Tom Waits, an den er nicht nur mit der rauen Stimme und durch das Markenzeichen Hut erinnert, sondern mit dem Ripoff Raskolnikov auch irgendwie seelenverwandt zu sein scheint. Aber obwohl Bob Dylan und der Letztgenannte vereinzelt bei Raskolnikov im Programm auftauchen, kopiert er sie nicht, sondern bleibt seinem eigenen Stil treu.

Es war jedenfalls schön, ihn wieder zu treffen. Das Konzert und die Stimmung im Aussie Pub haben uns sehr gefallen. Einziger Wermutstropfen: Im Lokal wird geraucht! Was mich sehr wundert, da in Australien alle Pubs längst rauchfrei sind. Österreichs Politiker hinken zum Leidwesen gesunder Menschen ziemlich hinterher. Es bleibt zu hoffen, dass europäischer Druck diesen Missstand baldigst aufhebt.

Diskografie (die letzten drei Alben): „Everything Is Temporary“ (2006) mit: Highway 5, Set designer blues, Two-point-two-re-run; „Lost & Found“ (2010) mit: Always on your side, It’s not easy und „Lenin Street“ (2012) mit: Lenin street, Never felt so good, Lullaby.

Ursprung, am 2. Juni 2014

Berndt Luef & Jazztett Forum Graz

Er ist ein Grazer Urgestein und nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Politisch links von der Mitte, räsoniert der 1952 in Knittelfeld geborene Berndt Luef zwischen eigenen Kompositionen über den Bus 63, die inakzeptablen Unterrichtsbedingungen der Musiklehrer und Bürgermeister Nagls umstrittene Pläne mit dem Pfauengarten. Er war bereits 1977 im burgenländischen Kohfidisch als Schlagzeuger der Band Mirror auf der Bühne (ich im Publikum!) und blickt zurück auf 20 Jahre Jazztett Forum Graz und 30 Jahre Berndt Luef Trio. Im Herbst wird ein neues Album präsentiert.

jazztett-luef-iconBerndt Luef Jazztett Forum Graz
St. Peter Hauptstraße 33/V/5
A 8042 Graz
Tel.: +43 316 425016

Wow, echte Instrumente!

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Berndt Luef im Forum Stadtpark, Graz | Foto © Gerald Ganglbauer 2014

Berndt Luef war im Forum Stadtpark, dessen kleine Bühne mit zehn Bandmusikern noch enger wirkte, vor Jahren selbst musikalischer Leiter, bevor ihn der damalige Direktor vor die Tür setzte, weil sein Programm nicht in den innovativen Rahmen der Avantgarde des Hauses passte. Heute, zehn Jahre später, unter neuer Direktion, finden ihn die Jungen wieder “hip”: Wow, echte Instrumente!

In der Pause trinke ich ein Murauer mit dem Kapellmeister und unterhalte mich mit ihm über Kommunalpolitik und wie lange wir uns nun schon kennen. Graz ist ein Dorf, wie ich wieder feststelle, als ich im Publikum auch nach 25 Jahren Abwesenheit jemanden treffe, der über einige Ecken mit gemeinsamen Freunden Luefs und mir bekannt ist. Und auch sonst erinnert viel an Vieles. Wie meine verspätete Ankunft zum Konzertbeginn, die ich der Buslinie 41 verdanke. Luef hatte ein ähnliches Erlebnis in seinem 63er Bus musikalisch zu einem Blues verarbeitet und die Partitur den Verkehrsbetrieben geschickt. Ein halbes Jahr später wurde sie ihm kommentarlos retourniert. Am Fahrplan des 63er hat das scheinbar nichts verbessert.

Auch im zweiten Set fließen die kompliziertesten Arrangements professionell aus den Instrumenten, die wie ein einziger Klangkörper eine Symbiose miteinander einzugehen scheinen. Jeder der Musiker präsentiert sein Instrument in einem Solo, was vom Publikum mit starkem Applaus belohnt wird, der nach dem Konzert immerhin noch vier Zugaben herausholt. Ein wunderbarer Abend mit dem Jazztett. Ich freue mich auf das Konzert im Stockwerk Anfang September, wenn das neue Album erscheint.

Jazztett Forum Graz sind Axel Mayer: trumpet & flügelhorn, Christoph Wundrak: tenorhorn, Patrick Dunst: alto & sopranosax, bassclarinet, Georg Gratzer: tenorsax, bassclarinet & flute, Thomas Rottleuthner: baritonsax, Dragan Tabakovic: guitar, Berndt Luef: vibraphon, Thorsten Zimmermann: bass, Viktor Palic: drums, Ismael Barrios: percussion. Das Konzert BLUESING war eine Hommage an Oliver Edward Nelson (1932, St. Louis – 1975, New York) einen der großen Komponisten und Bigband-Arrangeure des Jazz, wobei er besonders die 1960er und 1970er Jahre mit seinem Stil geprägt hat.

Mehr Infos auf www.berndtluef.at

Diskografie: L5 (Extraplatte EX 275; 1996), Work Stations (Extraplatte EX 326; 1998), Deviation (Extraplatte EX 394; 2000), Saida (FoSta 99004; 2002), Epitaph (FoSta 99005; 2002), Trialogue (Extraplatte EX 594; 2003), Correlations (Extraplatte EX 694), On that score (Fosta9908).

PS.: Auch mein Leben ist übrigens eng mit dem Forum Stadtpark verknüpft. Als junger Dichter las ich dort 1982 meine Texte. Da saß eine junge Frau im Publikum, mit der ich nicht nur die Nacht verbrachte, sondern eine Woche darauf spontan um ihre Hand anhielt: Petra Ganglbauer. Soweit ein persönliches Detail am Rande.

Ursprung, am 15. März 2014

Klanghaus Untergreith

Das südsteirische Untergreith ist kein bekannter Ort in der heimischen Topografie, aber ein Haus entbietet dort etwas ganz Besonderes. Die Klänge der vier Jahreszeiten (nicht nur jene der Weingläser) ertönen im klang.haus der Mia Zabelka. Dort treffen sich Klangkünstler aller Herren Länder mit einheimischen wie auch weit angereisten Gästen zum Ohrenschmaus. Alles ist am Menü, von “unplugged” instrumental und vokal, bis zum synthetischen Cocktail aus der Steckdose.

Winter im Klanghaus Untergreith

Die Geigerin und Komponistin Mia Zabelka (1963 in Wien geboren) lädt viermal im Jahr in ihr Klanghaus, um die Töne der Jahreszeiten zu feiern. Und international arrivierte Klangkünstler folgten gerne ihrer Einladung zum Klangfest Winter. Der französische Improvisationsmusiker Pascal Marzan eröffnete die Saison mit der Gitarre, im Anschluss kolaborierte der britische Soundkünstler Simon Whetham mit Zahra Mani am MacBook Pro.

Nach einer kulinarischen Pause präsentierten die französische Saxophonistin Audrey Lauro und Gastgeberin Mia Zabelka ihr Duo Projekt „Me, Myself and I“. Der amerikanische Elektronikmusiker Kim Cascone sandte einen eigens geschriebenen Klangteppich, der im dunklen Raum zu Gehör gebracht wurde und abgeschlossen wurde der Abend in einer improvisierten Jam-Session.

Jam-Session der Klangkünstler im Klanghaus Untergreith © Gerald Ganglbauer 2014
Da man Klangkunst aber am besten selbst hört, ein kleines Medley aus live Mitschnitten vom Winternachtklang.

PS.: Die jüngsten Tonträger von Mia Zabelka, “M” (2011, solo) und “Medusa’s Bed” (2013, mit Lydia Lunch und Zahra Mani) entbieten vollkommene Ablenkung vom gewohnten Hörerlebnis und lassen im Kopfhörer die Geräuschkulisse unseres Alltags für jeweils eine Stunde vergessen.
Tunes wie Körperklangmaschine und Mystical Psychosis sind durchaus für sehr konkrete Gefühlswelten geeignet, die Lyrics in Defiant und Bloodlust & Oblivion sind einfach genial. 8,99 (M) bzw. 9,99 € (Medusa’s Bed).

Klanghaus Untergreithwww.klang-haus.at

Untergreith und Ursprung, am 9. Februar 2014

40 Jahre Opus

Mit 40 Jahren Geschichte sind Opus Österreichs älteste Rockband. Seit dem Ohrwurm „Live is Life“, der 1984 mit 15 Millionen verkaufter Singles und etwa 2 Millionen verkaufter Alben die Welt eroberte, auch tatsächlich international die einzige populäre Formation. Alle zwei Jahre geben sie im Grazer Opernhaus ein Benefizkonzert zu Gunsten eines Schulprojekts in Äthiopien. Die Band heizte auf der Bühne mit Special Guests Boris Bukowski, Michael Vatter & Paul Pfleger den Grazern ein wie eh und je.

Ihr drittes Konzert in der Grazer Oper spielte € 40.000 für “Menschen für Menschen” ein.

Ich lernte Herwig Rüdisser (Vocals), Ewald “Sunny” Pfleger (Guitar), Kurt René Plisnier (Keyboards) und Günter Grasmuck (Schlagzeug) im Jahr 1978 im burgenländischen Pinkafeld kennen, wo ich mich zum ersten Open-Air Austria Rock Festival eingefunden hatte. Ich mochte diese Musik und hatte die ersten zwei LPs, “Daydreams” und “Eleven”, bereits in meiner Sammlung.

Als ich 1984 durch Asien reiste, hörte man überall ihr “Live is Life” und meine Frage, ob man denn hier eine Band aus Österreich kenne, wurde in vielen Ländern der Welt immer nur mit Opus beantwortet. Falco war als Sänger geläufig, Mozart als Komponist, sofern man dieses kleine Österreich überhaupt kannte. Darüber hinaus gab es nichts. “Live is Life” wurde auch mehrfach von anderen Künstlern nachgesungen, eine der interessantesten Versionen ist die Interpretation der slowenischen Band Laibach.

Die Grazer Rockband blieb präsent in meiner Erinnerung, obwohl sie jahrelang keine neuen Lieder schrieben. Vor einiger Zeit hatte ich sie einmal auf dem Mariahilferplatz bei einer Wahlveranstaltung der SPÖ gesehen, zuletzt eben gestern in der Oper, wo sie zum dritten Mal ein Benefizkonzert spielten. Es existierte sogar eine private Verbindung mit der Band, da eine meiner Nichten einige Jahre lang mit dem Keyboarder zusammen war.

Die 40 Jahre im Geschäft sah man der Band vielleicht nur in dem Moment an, als der Nachwuchs von Ewald Pfleger auf die Bühne kam. Paul Pfleger hat immerhin schon seine eigene Band: Stereoface. Ich konnte im Publikum niemanden sehen, der nicht begeistert war und die Standing Ovation war wohl verdient.

Ursprung, am 9. Dezember 2013

Nova-Spa, Graz

Eine Wellness-Landschaft in Graz, die ich persönlich empfehle.

Das Nova-Spa (7,1 km von meiner Haustür) gibt es noch nicht so lange. Es gehört zum Novapark-Hotel in Graz-Gösting, im Norden der Stadt. Hier findet man im Freien über den Dächern von Graz eine Blocksauna und zwei Whirlpools, eine Dachterrasse mit strohgedeckten Betten und Liegen mit Blick auf den Schlossberg (perfekt um Silvester im Bademantel zu feiern), sowie unter Dach einen Pool mit Gegenstromanlage, einen dritten Whirlpool, ein kaltes Tauchbecken, Kneipp-Becken, sowie alles, was das verschwitzte Herz begehrt: finnische Aufguss-Sauna, Kräuter-Sauna, Sole-Dampfbad und Infrarot-Sauna. Es gibt Ruheräume mit Polstermöbeln sowie auch Zimmer, Massagen und Solarium. Alles hygienisch sauber, gepflegt von emsigen Damen. Für den kleinen Hunger gibt es Tagessuppe, Gulaschsuppe, Frankfurter, Toast und eine frische Salatbar, sowie Speisen à-la-carte vom Hotelrestaurant. Trinkwasser und Tee stehen kostenlos zur Verfügung.

Helmut Neukam

Geleitet wir das Nova-Spa (SPA – sanus per aquam, gesund durch Wasser) von Helmut Neukam (01.03.1949), der das Hotel gebaut hat, jetzt zwar im Ruhestand ist, aber täglich seine Runden dreht, sich mit Gästen im Sprudel unterhält, es sich nicht nehmen lässt, die Spezialaufgüsse (Früchte, Salz und Honig) selbst durchzuführen und der auch sonst sehr umgänglich ist. Im Sommer grillt er am Dach, zur Herbstzeit gibt es Maroni und Sturm. Seine Crew ist genauso freundlich. Silvester wird in der Sauna gefeiert und andere Events gibt es auch. Der Gangan Verlag wird 2014 “Buchstaben-Aufgüsse” (Lesungen im “Short-Story-Spa”) machen. Die Einrichtung ist geschmackvoll, es gibt freies WLAN und die Beschilderung ist englisch/deutsch und informativ, nicht schulmeisterlich.

Das Publikum ist bunt gemischt, aus Graz und Graz-Umgebung einerseits; internationalen Hotelgästen andererseits. Auch hier gibt es Sauna-Runden und Stammgäste wie den „Schamanen“ Martin, der hin und wieder seine Klangschalen und Gongs mitbringt und bei dem nicht applaudiert werden darf, oder den „Eisenbahner-Helmut“, der am Dienstag aufgießt und dabei gerne daran erinnert, dass die Aufgüsse hier eine Zeit der stillen Meditation sind. Nun, manchmal kommt es schon zu einer leisen Unterhaltung, aber dann erfolgen gleich Rufe nach Ruhe aus den Reihen der Gäste. Grundsätzlich ist Stille durchaus angebracht, weil sie zur Entspannung beiträgt, aber man muss sie nicht immer militant umsetzen, denn ab und zu soll es auch einen kleinen Tratsch geben können. Nur derbe Sauna-Witze werden nicht so gerne gehört wie in anderen Etablissements.

Im Nova-Spa wird immer etwas geboten: Täglich gibt es einen Frucht-Aufguss als Vitamin-Booster (dazu werden Früchte der Saison herumgereicht), einen Salz-Aufguss, der die Poren öffnet (man reibt sich zwischen den Aufgüssen mit Meersalz ein) und einen Honig-Aufguss, der der Haut Nährstoffe zuführt und die Poren wieder schließt (man bekommt echten Bienenhonig für die Haut und danach einen Schluck Honigwein). Der Wechsel von Hitze, Wärme und Kälte, die massierenden Sprudeldüsen unter Wasser, sowie die angenehme Atmosphäre in den Ruheräumen tun den Gästen ausgesprochen gut. Noch ein Vorteil: Es gibt keinen Ruhetag und viele gehen auch im Sommer gerne hin, weil es dort eine sonnige Dachterrasse und sogar echten Rasen am Dach gibt. Und bevor ich es zu erwähnen vergesse, parken ist für Gäste nun auch gratis.

Ursprung, am 31. Oktober 2013

Saunakultur

Nach Österreich kam die Sauna aus Finnland, aber es gab sie auch in anderen Teilen der Welt: russische Banja, indianisches Schwitzzelt, türkisches Dampfbad oder koreanisches Badehaus. Die Unterschiede in der Saunakultur sind allerdings enorm. Ich persönlich liebe Entspannung und sauniere schon 35 Jahre lang. Und obwohl ich daheim eine eigene Sauna im Keller habe, besuche ich Wellnessoasen, weil sie – abgesehen vom größeren Angebot – auch etwas Soziales bieten: die „Sauna-Runde“.

Naked Ambition. Meine persönliche Empfehlung für Körper und Geist. | © Nora Devai 2005

Eine Sauna (Plural Saunen/Saunas; finnisch sauna; auch Schwitzstube oder finnisches Bad genannt) ist ein auf eine hohe Temperatur erwärmter Raum oder eine Raumgruppe, worin ein Schwitzbad genommen wird. Eine Saunaanstalt ist häufig an eine öffentliche Schwimmhalle oder ein Fitnessstudio angeschlossen und kann mit anderen Einrichtungen wie Dampfbädern oder einem Warmluftbad kombiniert sein.

Definition in: Wikipedia

Ich liebe die Sauna. In letzter Zeit habe ich sporadisch immer wieder verschiedene Saunalandschaften besucht, wie das Ultimo Aquatic Centre in Sydney, das River Island Nature Retreat in New South Wales, das Asia-Spa in Leoben, die Wellnessoase in Gratkorn, die Heiltherme in Bad Waltersdorf, die Auster in Graz-Eggenberg, um nur einige zu nennen. Regelmäßiger Gast war ich im Kawailani in Schrauding, solange sie noch von Heidi Fruhmann geleitet wurde, und bin ich nun in der Nova-Spa in Graz-Gösting, wo wir 2014 Buchstaben-Aufgüsse (Lesungen in der “Short-Story-Spa”) machen werden. Was ich grundsätzlich beobachtet habe, ist, dass ein Großteil der Saunagäste – wie heutzutage auch in FKK-Klubs – offensichtlich Herren im Pensionsalter sind. Die Jugend ist viel prüder geworden als wir das waren und hat das nackte Vergnügen noch nicht für sich entdeckt.

Dass regelmäßiges Saunieren der Gesundheit und der Seele gut tut, ist bekannt. Die nicht unmaßgebliche soziale Komponente eines Sauna-Besuches habe ich bereits erwähnt. Man trifft seine Sauna-Runde regelmäßig am selben Wochentag. In den letzten Jahren war ich mit meiner Partnerin beispielsweise jeden Samstag im Kawailani. Zu Mittag hin, bei Badeschluss (22 Uhr) nachhause. Dort trifft man dieselben Leute; Paare, Singles, Mütter mit Töchtern, kleine Gruppen von Freunden. Man ist per du und kennt oft auch nur den Vornamen, wechselt ein paar Worte, fühlt sich in der „gated community“ geborgen, gerade wenn man nackt ist. Angezogen auf der Straße würde man sich nicht erkennen, scherzt man. Man setzt sich im Whirlpool zusammen, plaudert, spielt Karten. Es ist allerdings selten, dass sich oberflächliche Sauna-Freundschaften über den Zaun hinaus fortsetzen, mit der Ausnahme von Bekanntschaften die eine Herzensangelegenheit werden, was splitternackt natürlich ebenso passieren kann wie andernorts in Kleidern.

Nacktheit ist für Naturisten bzw. Menschen, denen Freikörperkultur vertraut ist, nichts Anstößiges, Schamvolles oder Verletzliches. Sie benehmen sich nackt in Gesellschaft ebenso sicher wie in Kleidern. Im Lauf der Zeit bilden sich zu den gesundheitlichen Sauna-Regeln nämlich auch soziale Gesetze heran, die unbewusst von allen befolgt werden. Hausverstand und Respekt sollten bei den meisten Menschen ausreichen, um sich ordentlich zu benehmen. Zuwiderhandelnde Gäste können vom Saunabetreiber diskret Hausverbot erhalten, wobei man leider auch unschuldig zum Handkuss kommen kann, wenn eine Person aus persönlichen Motiven denunziert

Wie benimmt man sich in unbekleideter Umgebung? Neulinge brauchen vielleicht einige Zeit, bis sie sich daran gewöhnen, dass sie von „nackten Fremden“ in ein ganz normales Gespräch vertieft werden. Wenn man selbst Single ist, kann man durchaus jemanden kennen lernen. Man muss aber vorsichtig und rücksichtsvoll auf den anderen eingehen, sonst könnte die Unterhaltung vom Frischling als aufdringlich empfunden werden. Manche Gäste gehen sogar mit der Absicht in eine Sauna, jemanden kennen zu lernen (schließlich gibt es dort keine „Katze im Sack“), manch andere wollen nur relaxen und dabei nicht gestört werden. Da gilt es sensibel zu sein, denn man wird natürlich beobachtet und exzessives Flirten kann einen schon in Verruf bringen. Sexuelle Belästigung ist absolut unerwünscht. Swinger sind es ebenso. Die finden sich ohnedies in Club-Saunas.

Aber wie ist das mit normalen sozialen Kontakten? Ganz einfach. Man unterhält sich ungezwungen, sieht sich dabei in die Augen. Natürlich registriert man auch den Rest des Körpers, ohne ihn jedoch mit erotischen Gedanken in Verbindung zu bringen. Es ist einem „Textiler“ schwer zu erklären, dass einen ein nackter Busen nicht erregt, wenn es nicht derjenige der Partnerin ist, den man mit völlig anderen Augen sieht. Ob FKK oder Sauna, Nacktheit wird eine Lebensphilosophie. Man möchte nach einigen Jahren gelebter Freiheit gar nicht mehr angezogenen nass oder braun werden und bemitleidet bekleidete Badegäste.

Leider gibt es keine finnische Saunakultur im anglo-sächsischen Raum. Das liegt wohl an der strengen Queen Victoria. Und wenn es doch Nacktheit in Fitness- oder Wellness-Bereich gibt, ist sie – zumindest in Sydney – meist Treffpunkt der Gay Community.

Wenn man hingegen das Umfeld einmal gewohnt ist, wird es völlig natürlich, schwitzend und schwimmend und sonnenbadend absolut nichts am Körper zu tragen. Nasse Kleider auf der Haut zu tragen wird zu einer unangenehmen Vorstellung. Ich persönlich verstehe nicht, wieso man in Sydney bekleidet sauniert. Vor einigen Jahren beim Bau des neuen Aquatic Centres in Ultimo, das immerhin der österreichische Architekt Harry Seidler entworfen hat, war es mir unmöglich, der Stadt begreiflich zu machen, dass man den Saunabereich nicht mit Glastüren neben das 50-Meter-Becken baut, sondern in einem getrennten Stockwerk wie in meinem Beispiel Amalienbad – Hallenbad der Stadt Wien.

Ursprung, am 31. Okber 2013

steirischer herbst ’13

Der Umzug in mein Haus in Ursprung hat den ganzen September beansprucht, sodass es erst jetzt langsam wieder Platz für ein Kulturprogramm gibt. Und da passen aus der letzten Woche des steirischen herbst 2013 noch einige Veranstaltungen hierher. Eine Empfehlung vorweg: Spannend und auch thematisch der neuen Gangan Lit-Mag #45 nahe ist Close Link, bis 12. Oktober im Ex-Zollamt in der Halle am Bahnhofsgürtel 57 in Graz.

Liaisons dangereuses: Alliancen, Mesalliancen und falsche Freunde

Close Link: Der Künstler Chrisdian Wittenburg vor seiner Arbeit „Ute“ | Foto: Stephan Friesinger

Am Sonntag geht der steirische herbst 2013, der dem Leitmotiv Liaisons dangereuses: Alliancen, Mesalliancen und falsche Freunde folgte, zu Ende. Heute Vormittag wurde im Rahmen eines Pressegesprächs Bilanz gezogen. 251 Veranstaltungen gab es an 24 Festivaltagen. Rund 47.000 Besucherinnen und Besucher zählte das Festival, nicht zugerechnet sind dabei die Projekte, die im öffentlichen und medialen Raum stattgefunden haben. Wir freuen uns auch über eine sehr hohe Auslastung von über 90 % bei den szenischen Produktionen und Konzerten. Über 700 Künstler, Theoretiker und sonstige Teilnehmer aus insgesamt 47 Nationen waren involviert.
Alle Angaben beziehen sich auf den Stand von Do 10/10, 22.00, die endgütligen Zahlen präsentieren wir nach dem Ende der herbst-Ausstellung Liquid Assets am 01/12/2013.

steirischer herbst 2013 Bilanz

24 Festivaltage
Rund 47.000 Besucherinnen und Besucher (ohne Projekte im öffentlichen & medialen Raum)
Über 90 % Gesamtauslastung bei den szenischen Produktionen und Konzerten
108 Projekte
251 Einzelveranstaltungen
132 Akkreditierte Journalistinnen und Journalisten
Mehr als 700 Künstler, Theoretiker, sonstige Beteiligte aus 47 Nationen

Dieses Wochenende haben Sie noch die Gelegenheit einige Produktionen des Festivals zu erleben: Las Multitudes, ein Stück das 100 Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Seniorinnen und Senioren aus Graz und der Steiermark zusammen mit dem Ensemble des argentinischen Regisseurs Federico León auf der Bühne vereint; Sleeping Beauty, die neue Arbeit der New Yorker Performerin Ann Liv Young und amness, eine Choreografie der japanischen Tänzerinnen Fumiyo Ikeda & Un Yamada, begleitet vom Musikerkollektiv BL!NDMAN [sax]. Das hybride Ausstellungsprojekt Close Link von hoelb/hoeb im Festivalzentrum ist ebenfalls nur mehr diesen Freitag und Samstag zu erleben. Neben den beteiligten Künstlern, Wissenschaftern und Angehörigen sind als Spezialgäste der Performer David Jagerhofer als unheilkundiger Pillendreher und der Kurator Haiko Pfost eingeladen. Am Samstag sind im Rahmen des letzten Double Feature-Konzerts die Zwillingsschwestern Jófrídur und Ásthildur alias Pascal Pinon zu sehen, die Schwedin Anna von Hausswolff präsentiert ihr aktuelles Album Ceremony.

Die Ausstellungen des steirischen herbst 2013 sind übrigens weiterhin zu sehen. Neben den Projekten im esc medien kunst labor, dem Grazer Kunstverein, dem Künstlerhaus, bei Camera Austria & <rotor> läuft auch die herbst-Ausstellung Liquid Assets. Nach der Transformation des Kapitals im Ex-Zollamt weiter, und zwar bis 1. Dezember. Im November gibt es jeweils am Sonntag Filmscreenings mit anschließenden Gesprächen mit den Regisseuren bzw. Produzenten der Filme.

Liquid Assets
Nach der Transformation des Kapitals
20/09 – 01/12, Do 12.00 – 20.00, Fr – So 12.00 – 18.00
Führungen jeweils Sonntag, 16.00
Ex-Zollamt / Halle, Bahnhofgürtel 57, 8020 Graz

Close Link: Künstler Bernd Kräftner und Kulturwissenschafter Thomas Macho vor der Arbeit des Künstlerkolletivs Shared-Inc. | Foto: Stephan Friesinger

Der steirische herbst ’14 findet von 26/09 – 19/10/2014 statt.
[Pressetext]

Ursprung, am 7. und 11. Oktober 2013