Das Programm des Internationalen Jazz Festival Leibnitz “Jazz & Wein” von 13.-16. Oktober ist einen Besuch mit dem neuen Shuttlebus-Service wert. Nach seiner Auferstehung im Jahr 2013 geht das Jazz Festival Leibnitz heuer auch schon wieder in seine vierte Runde und setzt mit gleich vier Stargästen einen großen Schritt in Richtung internationaler Wahrnehmung. Voriges Jahr gab es leider eine Terminkollision mit unserem Benefizkonzert. Heuer wird aus Leibnitz berichtet.
Isabella Holzmann | Organisation und Kommunikation
Internationales Jazzfestival Leibnitz Jazz & Wein
Kaspar-Harb-Gasse 4 | A-8430 Leibnitz
M +43.664.1586084 | T +43.3452.76506
office@leibnitz-kult.at
Leibnitz gets all that Jazz
Niemand geringerer als US-Altmeister Chico Freeman (Tenorsaxophon) wird das Jazzfestival Leibnitz heuer im Duo mit dem Schweizer Edel-Bassisten Heiri Känzig eröffnen. Die Kultband The Bad Plus, Saxophonistin Tia Fuller mit Trio und Vanessa Rubin aus Cleveland, die schon mit Woody Herman und Herbie Hancock auf Tournee war, beehren das Jazzfestival Leibnitz 2016 mit ihrer Performance. Schauplätze des viertägigen Konzertmarathons sind wieder der riesige Weinkeller auf Schloss Seggau, das Kulturzentrum Leibnitz und die im Vorjahr so erfolgreich erprobte Open Air-Bühne beim Weingartenhotel Harkamp. Und erstmals wird auch ein Jazzbus zwischen Graz und Leibnitz pendeln.
– Otmar Klammer, Künstlerischer Leiter
Die Programmvorschau ist auf www.jazzfestivalleibnitz.at bereits online. Wir versprechen, die hervorragenden südsteirischen Weine nur sehr zurückhaltend zu konsumieren, um weitgehend nüchtern zu berichten, Fotos auf Facebook zu posten und hier mit einem Rückblick abzuschließen.
See you in Leibnitz.
Stattegg-Ursprung, am 1. August 2016
Leibnitz ist nicht Pori
– und das ist gut so
Jazz Musik ist 100 Jahre jung und da darf man einen kleinen historischen Exkurs in die Geschichte machen. Jazz Musik ist international und überall: Wien, Wiesen, Saalfelden (Österreich), Willisau (Schweiz), Viersen (Deutschland), um nur ein paar Orte zu nennen. Pori Jazz ist ein internationales Festival, das 1966 mit 600 Jazzfreunden in der finnischen Kleinstadt begann und nun bereits 162.000 Besucher verzeichnet. Im Sommer 1983 war ich dabei und habe u.a. Bobby McFerrin und Herbie Hancock gesehen. Ich sage das, weil Otmar Klammer im zweiten Anlauf (nach Sigi Feigl in den 90ern) den Ehrgeiz entwickelt hat, weiter zu wachsen. Er sei stolz, im vierten Jahr die “magische Grenze” von 1.000 Besuchern überschritten zu haben.
Ich frage mich, wie weit man überhaupt noch wachsen sollte (bzw. könnte), denn im gegenwärtigen Maßstab passt nämlich alles. Der intime Rahmen im Schloss Seggau oder dem Weingartenhotel Harkamp war bis auf den letzten Platz ausverkauft, das Kulturzentrum Leibnitz beinahe an seiner Kapazitätsgrenze. Wo will man mehr Besucher unterbringen? Einziger Ausweg wäre ein Open Air oder zusätzliche Venues, aber was wäre gewonnen? Klein und fein muss die Devise bleiben, wie z.B. im INNtöne Jazzfestival und ein Lineup in die Steiermark bringen, das Jazzfreunden Qualität und Vielfalt mit dem Ambiente eines Jazzclubs verspricht. Und genau darin liegt Otmar Klammers Stärke, die aus seiner langjährigen Erfahrung mit dem Stockwerk resultiert.
Sieben Tage hat die Woche, und sieben Gigs in vier Tagen waren für mich mehr als genug, um jedes einzelne Set zu genießen und mich danach auch noch an alles zu erinnern. Jazzpublikum ist ein anderes als die Besucher eines Hardrockfestivals am Lake Schwarzl, und dementsprechend war die Stimmung beschwingt und freundlich. Im Kulturzentrum Leibnitz gab es eine Weinverkostung zur Ausstellung von Bildern des Fotografen Pino Ninfa, wo sich so manche alte und neue Weingüter vorstellten und auch MANA Apfelwein debütierte, ein neuer frischer Geschmack zwischen Cider und Prosecco.
1. Tag
Im wunderschönen Weinkeller des Schloss Seggau eröffneten (nach überlangen Ansprachen, Begrüßungen und Danksagungen, die an das Protokoll der Politik erinnerten) das Hadar Noiberg Trio aus Israel mit Querflöten Loops und Obertönen und das Chico Freeman – Heiri Känzig Duo (US/CH).
Tag 1: Der Weinkeller des Schloss Seggau | Fotos © Peter Purgar und Gerald Ganglbauer
2. und 3. Tag
Auf der Bühne des Hugo Wolf-Saales beeindruckten am Tag 2 FAT (Fabulous Austrian Trio) des in Wien und Los Angeles lebenden Alex Machacek an der Gitarre, so wie die very coolen The Bad Plus aus Minnesota. Am Tag 3 das Sextett Gypsy Fire der deutschen Melanie Bong, die in Graz Jazzgesang studiert hatte und einer Meredith Monk in nichts nach stand. Das letzte Doppelkonzert bestritt das Tia Fuller Trio, selbstbewusste Saxophonistin aus Colorado, eine sehr kleine Frau in High Heels. Sie lud uns als ihre “Angelic Warriors” ein, mit ihr zu singen und es sei dahingestellt, ob sie ihre Kraft aus jener der Engel schöpfte. Ihr “God Bless” konnte man als Amerikanismus entschuldigen. Der stärksten Eindruck in allen vier Outfits hinterließ jedoch die Virtuosität der vier Schlagzeuger. Nicht nur in den Solos bewunderte ich deren hochgradige Musikalität und Technik, und das in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit, die den Puls rasen ließ. Derlei hohe Anforderungen gibt es nur in Jazzkompositionen, das Bild vom gemütlichen Dixieland Drummer mit dem Beserl hat sich aufgelöst. Herbert Pirker von FAT sei als international ebenbürtiger Obersteirer extra erwähnt.
Tage 2 und 3: Hugo Wolf-Saal im Kulturzentrum | Fotos © Gerald Ganglbauer
4. Tag
Nach einer Odyssee durch die steirische Hügellandschaft (mein Navi hatte das Signal verloren und so musste ich mich bei den Einheimischen durchfragen) erreichte ich am letzten Tag zu Mittag den Venue mit der schönsten Aussicht, das Weingartenhotel Harkamp in Flamberg bei St. Nikolai im Sausal. Dort gab es Brunch – und Vanessa Rubin aus Cleveland erfreute das Publikum zum Nachtisch mit klassischem Jazzgesang. Ein relaxed swingender Ausklang des Jazz Festivals bei anhaltend gutem Wetter. Kudos an Dagmar, Isabella, Otmar und die vielen freiwilligen Helfer, die dieses Festival zu einem Erlebnis machten. Da freut man sich aufs nächste Jahr.
Tag 4: Weingartenhotel Harkamp | Fotos © Gerald Ganglbauer
Stattegg-Ursprung, am 16. Oktober 2016