Musikkabarett mit Christof Spörk

„Landstreich plus“ reloaded im Lässerhof

Stattegg erlebte zuletzt 2015 einen fulminanten Solo-Abend mit Christof Spörk (Gangway Cult-Mag berichtete). Diesmal wird er mit der legendären „Landstreich“ in einem Exklusivkonzert der Tour 2023 das Publikum begeistern.

„Landstreich plus“, das sind Johanna Kugler (viol, voc), Krzysztof Dobrek (acc), Gerhard Draxler (bass, voc) und Christof Spörk (cl, voc). Es erwarten Sie die besten Songs aus der Landstreich-Zeit, launige Sketches und neue Schmankerln.

Donnerstag, 1. Juni 2023
19:30 Lässerhof, Hofweg 2

Karten http://www.kulturinstattegg.at/reservierung.html

Somerset Barnard am Platoo Montag

Ein australischer Bluesman mit Hong Kong-chinesischer Mutter, der in Wien lebt, war DIE Entdeckung am „Platoo Montag“ in der Scherbe.

Zweimal Somerset Barnard: am Cover von The Stranger und live in der Scherbe (Doppelbild)

Als wir uns vor der Show unterhielten, wirkte er beinahe schüchtern, auf der Bühne dann jedoch selbstsicher und stimmgewaltig, diese Stimme hätte sicher auch unplugged den Scherbenkeller beschallt. Er würdigt den Delta Blues, hat einiges von seinen Idolen gelernt (geklaut wie er sagt), wie Ry Cooder oder Robert Johnson, hat jedoch seinen eigenen Weg gefunden und geht ihn konsequent, ob als Straßenmusiker oder auf einem Blues Festival.

Inhalte sind die Themen des Genres: Mexikanische Flüchtlinge, Rassen Diskriminierung, Besäufnisse, Obdachlose (Poor Black Sally), Gospel (The Saviour) obwohl er ausdrücklich nicht religiös ist. Seit sechs Jahren bereist er nun von Wien aus die Welt, hat aber auch zwei Alben in der Cselley Mühle im Burgenland eingespielt, u.a. mit Ernst Molden: „Trains & Churches“ (2018) und „The Stranger“ (2020), ein Buch wird folgen.

Wie viele Australier ist er ein constant traveler der Brisbane (Queensland) verlassen hat um zu den Lehrern des Blues zu reisen, selbstredend in die USA, wo sein Vater gearbeitet hatte, aber auch in Länder wie Sierra Leone, wo er durch einen einzigen Moskitostich schwer an Malaria erkankte, aber aus seinen Fieberträumen Lieder entstehen ließ.

Mit einer Anekdote von einer Guinnes Bier-Sauftour in Irland erklärt er die seltsame Slide Gitarre aus einer Keksdose und einem Treibholz, das er beim Surfen gefunden und daraus ein schnarrendes Instrument gebaut hatte. Und das neben einer Gitarre, die er seine „Freundin“ nennt und die ihn überallhin treu begleitet hat.

Als story teller behandelt er immer wieder Beobachtungen, die er nicht aus Neugier, sondern unterbewusst und wertfrei anstellt, Analysen, die ihm helfen Tag für Tag als „Fremder“ zu leben.

Infos somersetbarnard.com

Gschichtldrucker Marco Pogo im Theatercafé

Kleinkunstbühne Hin & Wider

Eine Eierspeis mit einem Bier ist die traditionelle Bestellung beim Besuch einer Vorstellung im Theatercafé in der Mandellstraße. Die andere Tradition der Kleinkunstbühne „Hin und Wider“ ist das Kabarett. Als Zeitgenossen erinnere ich mich an Leo Lukas, J.M. Willnauer, Rudi Widerhofer und Co. – und heute ist es eben Marco Pogo, ein Spaßvogel aus Wien-Simmering, der dort mit seiner Bierpartei als Dominik Wlazny unbeabsichtigt Bezirksrat wurde und aus Jux sogar zur Wahl als Bundespräsident antrat, wo er es überraschenderweise auf Platz drei schaffte.

Im Theatercafé versuchte sich der 36-jährige Mediziner, Bandleader und Parteigründer auch als Kabarettist, was ihm jedoch nur teilweise gelang. Ja, er ist talentiert, hat Charme, der im Publikum (und bei politikverdrossenen Wählern) gut ankommt, er ist eloquent und selbstbewußt, aber die Gschichtln, die er druckt, sind – wenn auch überspitzt – zu nah an selbst erlebter Wahrheit, dass sie jedem aus dem Alltagsleben nachvollziehbar bekannt sind und wir nichts daraus lernen. Ja, es sind schon lustig Sachen dabei, aber eigentlich lacht man dabei über sich selbst. Das peinliche Verhalten der Österreicher im Ausland, der Spießrutenlauf bei Amtswegen, die Hürden bei der Umstellung der Handysignatur, all das sind bestens bekannte Klischees und nichts Einzigartiges.

Man verbringt einen unterhaltsamen Abend mit Marco Pogo, wird aber enttäuscht, wenn er sich in der Pause versteckt und sich nur Minuten nach der Show in sein Hotel absetzt und sich keinem Gespräch stellt. Zurückgelassen hat er bloß Berge von „I hos olle Leit“ Merchandise. Dabei hätte ich ihm als Kollege in Sachen Kommunalpolitik gerne bei einem Bier ein paar Fragen gestellt.

Gerald Ganglbauer

Info marcopogo.com

Schwerelos

Gravity & Other Myths

Werner Schrempf hat sich mit „La Strada“ und dem Neuen Zirkus „Cirque Noël“ zum Jahreswechsel einen Fixplatz in der imaginären Galerie kreativer Kulturmacher erarbeitet. Superlative Leistungen haben das Publikum erstaunt, begeistert und gefesselt.

Stell dir vor es geht das Licht an

Die aus Adelaide im kühlen Südaustralien stammende Companie „Gravity & Other Myths“ hat er nun schon zum dritten Mal nach Graz geholt – alle Programme waren von einer beeindruckenden Akrobatik und sinnlicher Choreografie, sodass man tatsächlich glauben mochte, die Schwerkraft sei ein Mythos, zumindest Down Under. Arts South Australia und dem Australia Council for the Arts sei gedankt für die Unterstützung.

in drei Sunden die nächste Show

Als australischer Landsmann freute es mich umsomehr, der Gruppe nach der Show ein dickes Gangway Kulturmagazin zu überreichen, das ihre ersten beiden Auftritte in Graz dokumentierte. Schön zu erleben, wie stolz sie sich auf den abgedruckten Fotos selbst erkannten.

Der alte Mann und die jungen Akrobaten

Im Sommer wird man sie in der Oper Graz zur Eröffnung von La Strada wieder sehen. 24 Akrobat:innen und 36 Chorstimmen werden in der bislang größten Bühnenproduktion „The Pulse“, einem preisgekrönten Meisterwerk neuer Zirkuskunst, in drei Shows 80 Minuten lang die Grazer von der Schwerelosigkeit überzeugen.

Voodoo in Graz

Nein, nicht die Zauberei aus dem schwarzen New Orleans, sondern der Strizzi aus Tulln, der den Wiener Schmäh perfekt drauf hat. Fast so wie der andere Jürgens.

Die Loge 1 teilte ich mit Bernd Melichar, bemerkte es aber erst am Ende der Show, als das Licht anging. Meine Nachbarin in Loge 2 filmte ich weil sie Voodoos Hit „2L Eistee“ Wort für Wort mitsang. Als ich sie danach um Erlaubnis bat, den Clip veröffentlichen zu dürfen, stellte sich heraus, dass wir einander vom p.p.c. kannten. Also doch Voodoo?

Voodoo Jürgens hatte ich vor ein paar Jahren im Grazer Schauspielhaus kennen gelernt. Damals war er unkompliziert und offen und wir führten ein angenehmes Gespräch über ein mögliches Duett und allerlei andere Dinge. Im Orpheum war er sehr in Eile, konnte sich aber zumindest an mich erinnern. Nun ja, mit Berühmtheit kommen Allüren.

Dieses Konzert war gedacht als die Release Show seines neuen Albums „Wie die Nocht noch jung woa“, aber als ich mich auf den Heimweg machte, konnte ich kein einziges Lied dieses Albums erinnern. „Angst haums“ und „Heite grob ma Tote aus“ waren viel zu mächtig, um Neuem Platz zu machen. Als Beweis dient folgendes Publikum Video seiner Debüt Single, das sein „Sound System“, „Die Ansa Panier“ als Draufgabe feil bot.

Und so erinnert sich mein in der Loge vorerst unsichtbarer Kollege an den Abend.

Bernd Melichars Höhepunkt: Voodoo Jürgens‘ eigene Interpretation von „Angst haums“.

Vojos illustrierte Musikgeschichte

„Kaffee mit Johnny Cash“ verlegt bei keiper, Graz 2022, ist „eine faszinierende Zeitreise durch fünf Jahrzehnte voller Musik und aufregender Medienwelt“, so der Untertitel der über 300 Seiten starken Autobiografie von Vojo Radkovic, stadtbekannt in der Grazer Musikszene als VOJO.

Wenn ein Musikveranstalter seine Memoiren schreibt, liefert das garantiert spannendes Material für viele Rock und Jazzfans. Wenn die Geschichte des Lesers, also meine, auch noch eng in seine Geschichte eingeflochten ist, macht mich das zu einem Teil dieser Chronik, wenn auch mit langen Unterbrechungen, als ich im Ausland lebte. Vojo ist zehn Jahre älter als ich, er war also bereits ein junger Reporter bei der Neuen Zeit, als ich, fünfzehn Jahre jung, begann meine ersten Schallplatten zu sammeln und am Musik Gewinnspiel der NZ teilzunehmen. Vojo hatte in London alle Bands der „roaring sixties“ live erlebt, war deshalb zusammen mit dem Jugendmagazin Bravo meine beste Quelle. Ich sandte fleißig Teilnahmekarten in die Musikredaktion, weil es tolle Platten zu gewinnen gab. Eines Tages stellte der Briefträger tatsächlich eine flache quadratische Kartonhülle zu, die aber leider nur eine zerbrochene LP enthielt. Ich kann mich heute noch an den Titel erinnern, Jonathan Livingston Seagull, mit Filmmusik von Neil Diamond. So kam es, dass ich Vojo persönlich kennenlernte, als ich den Bruch der Schallplatte reklamierte.

Wir schrieben das Jahr 1974, als die ersten internationalen Künstler in der Liebenauer Eishalle auftraten. Ich war gerade sechzehn und mein erstes großes Konzert mit „richtigen“ Rockstars und tonnenweise Technik, war Emerson, Lake & Palmer, die ihre Musik aus riesigen Lautsprechertürmen in Quadrophonie über die Zuhörer fluteten. Dieses Konzert war auch Vojos erster Auftritt als Veranstalter in Graz mit Unterstützung der NZ. Er war dabei recht großzügig in der Vergabe von Freikarten an seine jungen Freunde wie mich. So ging das wohl zehn Jahre lang, Mitte der Siebziger bis in die Achtziger holte er alles nach Graz, was in der Musikwelt Rang und Namen hatte. Ich hatte mittlerweile mein Studium beendet und war dank Vojo und einer seinerzeit sehr verdienstvollen Radiostation namens Ö3 und dem Rennbahn Express zu einem Kenner von zeitgenössischem Rock, Jazz und Underground geworden. „Welcome back my friends to the show that never ends“, diese Eröffnung des EL&P Konzerts hat sich in mein Hirn gebrannt, wie auch die Begegnung mit den Rockstars im Push ’n‘ Pull, dem späteren Ska.

Dann ging ich für ein paar Jahre nach Wien, wohnte in einer WG mit einem Musikjournalisten und schrieb Konzertberichte über Nick Cave und Genesis, die keiner drucken wollte. In Wien verlor ich Vojo aus den Augen, in 25 Jahren Sydney die österreichische Musikszene und wurde erst nach meiner Rückkehr aus Australien gewahr, dass Vojo Concerts in der Zwischenzeit hunderte, wenn nicht tausende Konzerte veranstaltet hatte, aber durch wirtschaftlich schwere Zeiten bald gezwungen wurde, die Veranstaltertätigkeit einzustellen. Zurück in Graz hatte ich den Kontakt zu Vojo wieder aufgenommen und über seine Konzerte berichtet. Aber Graz war von der Weltkarte des Rockzirkus verschwunden, die immer aufwendiger gewordenen Shows rechneten sich gerade noch in München oder Wien. Als letztes Open Air habe ich am Schlossberg auf der Kasemattenbühne The National gesehen, seither eine meiner Lieblingsbands. Das ist nun auch schon wieder gut zehn Jahre her.

Aber zurück zum Buch. Auch Johannes Silberschneider schweifte im Gespräch mit dem Autor bei der Buchpräsentation im Orpheum immer wieder ab und musste sanft erinnert werden, dass es nicht um sein Leben, sondern um Vojos Buch ging. Dabei war es schön zu beobachten, wie leidenschaftlich Silberschneider wurde. Er hatte, ähnlich wie ich, viele Berührungspunkte im Lebensweg mit Vojo. Persönliche Verbindungen, die über ein Leben hinweg bestehen bleiben. Zwei Drittel von EL&P sind tot, der noch lebende Schlagzeuger Carl Palmer dürfte sich nicht mehr erinnern, in Graz gespielt zu haben. Nun ja, es ist eben die Geschichte von Vojo Radkovic, er hat sie in verständlicher Sprache zu Papier gebracht und sie ist voll von diesen intimen Momenten, wie dem titelgebenden „Kaffee mit Johnny Cash“. Auch Boris Bukowski entbietet in seinem Buch Gags und Stories ähnliche Anekdoten, bloß war bei ihm Konstantin Wecker, der regelmäßig in Graz gastierte, schon der große Star, aber Gespräche mit Miles Davis, ein Essen mit Deep Purple oder die letzte Tournee von Frank Zappa vor seinem Tod war auf internationaler Skala nicht zu überbieten.

Heute arbeitet er trotz erreichen des Pensionsalters noch als Motor- und Musikjournalist für den GRAZER und tut mit der Charity „Let’s spend the night together“ alle Jahre Gutes. Wir begegnen uns respektvoll und freundschaftlich, nehmen und geben einander. Die Bekanntschaft mit diesem „großen“ Mann mit den (immer noch) langen Haaren hat meine Liebe zur Musik wie kein anderer geweckt, gefördert und geprägt. Die zahlreich im Orpheum anwesenden Zeitgenossen aus der Medien- und Musikbranche stimmten offenbar mit mir überein, denn die Schlange zum signieren des Buches reichte bis ins Foyer, was seine Verlegerin Anita Keiper sehr freute. Genug gesagt, schlagen wir das Buch endlich auf, erinnern uns an fünfzig Jahre Musikgeschichte und legen die dazugehörigen LPs aus Vojos Plattenbox auf den Plattenteller.

Johannes Silberschneider und Vojo Radkovic im Gespräch

Gerald Ganglbauer

Gangway Rückblick 1991 bis heute

Eine Reise durch die kulturelle Vergangenheit in 8 Minuten und 55 Sekunden, mit freundlich genehmigter sehr passender Musik von Viech: „Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren“. So wird es dann auch kommen. Das Vergessen läßt sich jedoch verhindern, mit Gangway in print, alle 232 Seiten um € 30 oder € 5 für das 40-seitige Ergänzungsheft. Erschienen und bestellbar im Gangan Verlag 2023.

Gangway Promo 2023