The Morgenstern & Boyd Trilogy

Private Screening

Rudi Lackner lud zu einer intimen Preview des neuen Films des Gleisdorfer Regisseurs Fritz Aigner in sein Grand Café Kaiserfeld. Unter den Gästen die Darsteller Susanna Arlt, mit der ich die Ehre hatte am Tisch zu sitzen, Daniel Doujenis, Marino Acapulco und Jacques Bush, die ich als Musiker von Spring and the Land kenne, sowie Filmkritiker und „the usual suspects“ aus dem Grazer Kulturbetrieb.

Der Film

Der bislang erfolglose Filmregisseur Fritz Aigner sorgt bei den Filmfestspielen von Venedig mit seinem Film „The Meadow“ unerwartet für Aufsehen. Ein namhafter Produzent beauftragt ihn daraufhin, eine Fortsetzung zu drehen. Die Dreharbeiten geraten zu einem Fiasko. Als die gesamte Filmcrew gegen den zunehmenden Größenwahn ihres Regisseurs rebelliert, sieht dieser sich mit den Antagonisten seiner eigenen Fiktion konfrontiert: Morgenstern und Boyd. Sie ziehen ihn in eine Spirale aus sexuellen Obsessionen und Allmachtsfantasien, an deren Ende nur das Scheitern des Films oder gar der Tod selbst stehen kann.

Soweit die Beschreibung vom Verleih und ich bin froh, dass es die gibt, denn obwohl ich zwei Stunden und 40 Minuten lang im Grand Café Kaiserfeld jede Sekunde des Films gesehen habe, ist mir nichts von dem klar geworden. Marino Acapulco tröstete mich beim Abschied, er habe den Film 70 mal gesehen und immer noch nicht verstanden. Vielleicht hätte ich nach dem Screening Antworten erhalten, aber da ich die letzte Strassenbahn erreichen wollte, musste ich leider rasch aufbrechen.

Soviel kann ich sagen, Morgenstern und Boyd ist sehenswert, verrückt und schön. In der Unverständlichkeit liegt gewissermassen auch die Stärke des Films, der mit seinen psychedelischen Bildern den Betrachter fesselt und  ihn in die irre Fantasiewelt Fritz Aigners ungebremst hineinzieht. Diese Welt wirft philosophische Fragen über Leben und Tod auf, wie auch erotische Fantasien, die von der wunderbaren Susanna Arlt stimuliert werden und im Soundtrack mit Anlehnungen an Carmina Burana und The Meadow zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfinden.

Kino Premiere

The Morgenstern & Boyd Trilogy (offizielle Website) morgensternboyd.com

 

Stockwerk Jazz

Liebe Damen und Herren,

was sollen wir sagen? Österreich hat gewählt.
Ohrenmäßig könnte das Ergebnis für ein Musikland wie Österreich ja Symbolcharakter haben. Dreimal größere Ohren als der vermeintlich neue Bundeskanzler haben jedoch die Herren Ray Anderson, Mark Helias und Gerry Hemingway (jeder für sich, nicht zusammen!). Zwar hören die drei prominenten Jazzmusiker damit nicht das Gras wachsen, sondern jene charismatischen Töne, die ihre Kollegen auch zwischen den Noten spielen.
Ähnliches gilt für die Worte des japanischen Haiku-Meisters Kobayashi Issa, magische Worte, denen sich das Duo Gasser/Masaria in unserem zweiten Konzert in dieser Woche widmet.

Mit Dank und lieben Grüßen,
Ihr Stockwerk-Wort zum Wahlsonntag
Otmar Klammer

stockwerkjazz_logo_white

Stockwerk, Jakominiplatz 18, A – 8010 Graz, phone: +43 (0) 676 31 59 551, www.stockwerkjazz.mur.at

Do., 19. Oktober 2017, 20:00 Uhr

BASSDRUMBONE (US)

Ray Anderson – trombone
Mark Helios – bass
Gerry Hemingway – drums

BassDrumBone ist nicht allein eine Institution in der jüngeren Jazzgeschichte, sondern geradewegs ein Indikator. In rund vierzig Jahren gelang es dem Trio stets, formale Schärfe, thematische Wendigkeit und organischen Flow auf einer bezwingenden Spur des kreativen zeitgenössischen Jazz zu halten.
BassDrumBone ist ein Trio, das die Ungleichheit seiner Instrumentierung der einzigartigen Persönlichkeit seiner drei Mitglieder angetraut hat. Im Trio wachsen die drei US-Haudegen weit über die herkömmliche Praxis des Improvisierens hinaus. Ein wahres Kollektiv, dessen Musik drei verschiedene kompositorische und improvisatorische Ansätze zu einem außergewöhnlichen musikalischen Rapport vereint.
Im Herbst 1977 begannen Mark Helias, Gerry Hemingway und Ray Anderson als Trio zu spielen. Ihre erste Platte „Oahspe“ wurde 1979 auf Auricle Records veröffentlicht, jenem Plattenlabel, auf dem sich BassDrumBone nun mit dem großartigen Doppelalbum The Long Road in der internationalen Szene zurückgemeldet hat (inklusive den Gästen Jason Moran und Joe Lovano). Furchtlos schön.

Fr., 20. Oktober 2017, 20:00 Uhr

CLEMENTINE GASSER & ANDREA MASSARIA (CH / I)

Haiku Music
CD-Präsentation

Clementine Gasser – 5-string cello
Andrea Massaria – guitar

So soll es sein. Von Noten, Punkt und Beistrich genug, konvertierte Andrea Massaria, der sich als klassischer Gitarrist auf Villa Lobos und Bach spezialisiert hat, einst nach einem Konzert von Barney Kessel zum Jazz. Eine Entscheidung, der wir unter anderem die CD Corindilindoli mit dem Posaunisten Giancarlo Schiaffini zu verdanken haben.
Der Triestiner und die in Luzern geborene Cellistin Clementine Gasser, deren internationale Konzerttätigkeit im Bereich zeitgenössischer improvisierter Musik sie auch schon mehrfach ins Stockwerk führte (u.a. mit dem Saxophonisten Mikołaj Trzaska), haben nun jeweils sechs Haikus des japanischen Haiku-Meisters Kobayashi Issa (1763 – 1828) ausgewählt und anhand grafischer Partituren aufbereitet.
Wenn man weiß, dass Konkretheit und der Bezug auf die Gegenwart unverzichtbarer Bestandteil eines Haiku sind, kann das ja nur spannend werden. Die CD The Spring of My Life (Amirani Records) ist vorsichtshalber schon einmal nach Issas Hauptwerk benannt.

Foto: BassDrumBone (vl.: Mark Helias, Gerry Hemingway, Ray Anderson)

steirischer herbst ’17

Updates >> 24. September >> 11. Oktober >> 14. Oktober

Die letzte Eröffnung

Where are we now? Die scheidende Intendantin Veronica Kaup-Hasler erinnerte in ihrer emotionalen Rede, dass der steirische herbst das älteste multidisziplinäre Festival für zeitgenössische Kunst in Europa sei und sich immer wieder neu erfinden müsse. Mit fünfzig Jahren am Buckel und dem 88-jährigen früheren Präsidenten Kurt Jungwirth anwesend kam ich mir auch schon sehr alt vor. Immerhin hat der steirische herbst seit dem Jahr 1977 mein Leben begleitet und damit sicher auch meine Offenheit für Neues und meine Liebe zur Avantgarde durch ein erweitertes Kulturverständnis mitgeformt. Obwohl es heute noch Menschen gibt, die unter dem steirischen herbst einfach den Herbst in der Steiermark verstehen, bin ich überzeugt, dass durch die unermüdliche Aufklärung des Festivals das seinerzeit kleinstädtische Bewußtsein der Einheimischen im Lauf der Jahre weltoffener geworden ist. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Die nackte Performance

Die dänische Choreografin Mette Ingvartsen kannte ich bereits von 7 Pleasures, die ich vor zwei Jahren das Vergnügen hatte im Dom im Berg zu sehen. Mit to come (extended) landete sie eine gelungene Urauführung, einen vielstimmigen Orgasmus vor weitaus größerem Publikum. Die Anwesenden waren von der erotischen Körpersprache sichtlich begeistert, wenn auch ohne spontane Entkleidungen und Beteiligung am Tanz, die wohl so manchem in den Sinn gekommen war. Schade, dass man während der zweiteiligen blau/nackten Vorstellung nicht fotografieren durfte, Wer nicht dabei war und die Produktion dennoch unbedingt sehen will, muss eben nach Paris fliegen.

Das große Buffet

Als nach dem lange anhaltenden Applaus für die Tänzer ein schier endlos scheinendes Buffet langsam auf die Bühne gerollt wurde, war die Reaktion etwas zögerlich, doch dann ging es schnell, La Grande Bouffe war in der Tat ein opulent-sinnliches Angebot für den Gaumen, dem niemand widerstehen konnte. Beim darauf folgenden Abtanzen konnte man die Kalorien ohnedies wieder abbauen, sich mit den numehr bekleideten Tänzern aus aller Herren Länder unterhalten und nach Mitternacht guter Dinge nachhause fahren.

Stattegg, am 23. September 2017

Die nackte Performance II

Am nächsten Tag setzt sich das Nacktsein auf der Bühne fort. Ich frage mich, ob es in einer Zeit, in der die in den 60ern erkämpfte Freiheit von einem neuen Konservatismus langsam wieder überdeckt wird, der Kunst bedarf, an sexual liberation zu erinnern.

Simon Mayer – Oh Magic

In der Abgeschiedenheit des Dom im Berg ist diese Erinnerung großartig gelungen. Der Oberösterreicher Simon Mayer hat es im besten Sinn mit seinem choreografierten Konzert Oh Magic mit Clara Frühstück, Tobias Leibetseder und Patric Redl, sowie den von Manuel Wagner ferngesteuerten Robotern bewiesen. Die Premiere bot 70 Minuten lang Überraschungen, anfangs im verdunkelten Raum den zaghaft suchenden Scheinwerfer eines R2-D2 artigen Lichtroboters, die ruhige Melodie eines selbstspielenden Klaviers, einer Triangel, Rückkopplungen eines Mikrofonroboters im Zusammenspiel mit dem Erscheinen des Menschen mit Stimme, Atmung und rockigem Sound Design, bis hin zur schrittweisen Entkleidung, ekstatischer Besessenheit mit dem nackten Körper und an Wahnsinn grenzende Trommelrituale. Ich gebe zu, dass diese Subsummierung in einem Satz der erlebten Show in keiner Weise gerecht wird, aber vielleicht verirrt sich der eine oder andere Leser noch zum Talk nach der zweiten und letzten Aufführung am Sonntag.

Stattegg, am 24. September 2017

Die zwei Alten

Einmal gänzlich ohne nackte Haut kommt die berührende Dokumentation der belgischen Künstlergruppe Berlin vom (Über-)Leben von Nadia und Pétro Opanassovitch Lubenoc aus. Zwei 80-jährige, die sich weigerten, nach dem nuklearen Meltdown im 25 Km entfernten Tschernobyl das ukrainischen Dorf Zvizdal (so auch der Titel des Stücks) zu evakuieren, werden einfühlsam porträtiert.

Massstabgetreues Modell aus Zvizdal

Über einige Jahre hinweg wurden die beiden eigensinnigen Verweigerer jeglicher Vernunft besucht und gefilmt, wie sie ihren kontaminierten Heimatboden bestellen und abgeschnitten von der Welt ohne Strom und fließendes Wasser der Natur und den unsichtbaren Strahlen trotzen. Auch die Liebe zwischen den beiden früheren Nachbarn wuchs im Sperrgebiet. Das umfangreiche Filmmaterial bis zum Tod Pétros wurde in eine multimediale Aufführung eingebettet, die mich nachdenklich hinterließ, was im darauffolgenden Talk auch das Publikum zum Ausdruck gebracht hat.

Auf dem Heimweg sind mir Parallelen zu Marlen Haushofers Die Wand in den Sinn gekommen.

Nadja lebt im Internet weiter: berlinberlin.be/chernobyl code: leavingzvizdal

Stattegg, am 11. Oktober 2017


Die nackte Performance III

Auch Apollon Musagète, die „Freakshow“ von Florentina Holzinger, wollte ich mir anschauen, aber leider war das wegen einer Terminkollision mit dem Jazz Festival Leibnitz nicht möglich gewesen. War sehr gut, wie man mir berichtet hat.

ApollonMusagete_photobyradovandranga13
Apollon Musagète | Foto ©2017 Radovan Dranga

Eine Gelegenheit, wieder einmal meinem Bedauern Ausdruck zu verleihen, dass ein Großteil der Produktionen viel zu kurz, nämlich meist nur zweimal, auf die Bühne kommt. Einem Besucher mit durchschnittlicher Freizeit ist es dadurch kaum möglich, sich alles anzusehen. Die herbst-Statistik gefällig? An 24 Festivaltagen gab es 137 Projekte und 451 Einzelveranstaltungen, das ist genauso wenig machbar, wie alle Bücherneuerscheinungen des Herbstes zu lesen.

Where Are We Now?

In der „Philosophierkantine“ des steirischen herbst werden bei einem Glas Wein und Speisen aus der Bar Gedanken weitergesponnen. Aber erst einmal wurde in eigener Sache das herbst-Buch vorgestellt.

sh-where - 1
Buchpräsentation: 50 Antworten auf die Frage „Where Are We Now?“

Vorträge wurden als Diskussionsgrundlage serviert: Mangelnder Zugang zum Weltkulturerbe wurde von einer Kuratorin bedauert, Weltreligionen in einem Filmbeitrag angesprochen und heftig diskutiert, danach kam eines meiner Lieblingsthemen und ein süßes Dessert auf den Tisch: „Poly“ (Polyamory), ein Thema, das an unserem Tisch für angeregte Gespräche sorgte. Um Trading in einem Eisbrecher ging es im letzten Vortrag des Abends, aber da sich die Uhrzeiger gegen Mitternacht bewegten, hatten sich die Tische schon weitgehend gelichtet. Gute Nacht.

Pursuit of Happiness

Mit meinem letzten Gig im 50. steirischen herbst schließt sich der Kreis. Nature Theater of Oklahoma und die slowenische EnKnapGroup inszenieren in der Grazer Helmut List Halle ihre Suche nach dem Glück: „Pursuit of Happiness“. Das zweiteilige Stück trug ganz eindeutig die Handschrift der New Yorker. Im ersten Teil die Saloon-Szenen, Whiskey an der Bar, Finger am Abzug der Colts, Raufereien und ausgeschlagene Zähne, danach der überlange Monolog des Künstlers. Ich erinnerte mich an Life and Times – Episode VI, auch hier wieder die betont künstlichen Bewegungen, die extrem artikulierte Sprache, den persiflierten Akzent der Südstaaten und die großartige Darstellung der Tanzgruppe, für die der hohe Textanteil auch etwas Neues war, wie wir im anschließenden Talk erfuhren. Bleibt zu hoffen, dass die acht Slowenen (zwei Mitglieder der Gruppe waren nicht in dieser Produktion) auch mit eigenen Shows nach Graz kommen.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Abschied von Pavel und Kelly, die in Neuberg an der Mürz noch den Dreh von Die Kinder der Toten fertigstellen, und von Veronica, deren Nachfolge  Ekaterina Degot antreten wird. Ich bin schon gespannt auf den 51. steirischen herbst (und den Ausgang der morgigen Nationalratswahl).

Stattegg, am 14. Oktober 2017

Die Kinder der Toten

Casting

Nach drei Jahren (Life & Times, 2014) treffe ich Kelly Copper und Pavol Liška vom Nature Theater of Oklahoma auf der Pressekonferenz 50 Jahre steirischer herbst und entscheide mich spontan, am Casting für ihren Film „Die Kinder der Toten“ frei nach Elfriede Jelineks 666-seitigem Roman mitzumachen.

„You’re in!“ sagt mir Pavol trocken und ich unterschreibe einen Darstellervertrag.

Matinee

Das gemeinsame Projekt des steirischen herbst mit dem Nature Theater of Oklahoma und dem Literatur h aus Graz wird im Palais Attems dem Publikum vorgestellt. „Der Große Dreh“ in der Obersteiermark kann beginnen.

Das Nature Theater of Oklahoma will den Spass am (Stumm-)Film …

… und Klaus Kastberger (2. v. l.) fordert die Beschäftigung mit dem Text Jelineks.

LOCATION

Im Hotel Appelhof in Mürzsteg ist ein Zimmer für mich reserviert. Sehr gemütlich in einer Villa wie aus einem Horrormovie, wo es überall im Gebälk gespenstisch knarrt, wenn man sich im Finstern die Treppe hinauf tastet. Mürzsteg ist ziemlich weit vom Geschehen entfernt. Aber egal wo man untergebracht ist, man fährt über das Wochenende gute 100 Km talauf talab von Mürzsteg nach Neuberg, nach Kapellen, wo ein Riesenplakat auf das FAZ Mürzer Oberland hinweist und zurück. Dieser Ort am verlassenen Bahnhof einer längst verschwundenen Schienenstrecke ist ausgelagerter Drehpunkt des steirischen herbst und dient der Filmcrew als das Basislager.

Ich bin schon sehr gespannt, worauf ich mich bei den Dreharbeiten eingelassen haben werde. Aber das dauert noch. Die Regisseure filmen in einer Fabrikshalle noch einige Szenen. Ich nütze die Zeit und lese unvorbereitet und öffentlich, jedoch nicht einmal so schlecht, meine 15 Minuten aus Jelineks Roman. Die Lesenden werden im Viertel-Stunden-Takt von Figuren aus Star Wars in einen in ein weisses Tuch eingepackten, ausrangierten Zugwagon begleitet, wo man einen Tag und Nacht durchlesenem 144 Stunden Lese-Marathon „Die Kinder der Toten“ abhält, den man sowohl im Hof aus Lautsprechern hört als auch für spätere Verwendung aufzeichnet.

SZENEN

  • Höllenszenario: Das Ende der Welt naht und die Erde verwandelt sich in eine Bühne für apokalyptisches Horrortheater. Die Polizei untersucht einen liegengebliebenen Holztransporter und findet eine übelriechende Leiche
  • Auferstehung der Toten: Weinendes Publikum im Kino betrauert seine Verstorbenen, die auf Super 8-Homevideos auf der Leinwand zu sehen sind. Nach einer Pause verwandelt sich ein Großteil der Kinogäste in Untote und durchstürmt die Leinwand, um die Verbleibenden zu attackieren.
  • Die Syrer: Sechs syrische Flüchtlinge werden von Einheimischen abgewiesen.
  • Im Supermarkt: Untote übernehmen die Kontrolle über den lokalen SPAR Supermarkt – und stellen ihn gehörig auf den Kopf.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Und plötzlich ist man mittendrin im Film… Eine wertvolle neue Erfahrung, die ich mit nachhause nehmen darf. Hollywood wird mich nicht entdecken, wenn der Film ins Kino kommt, aber den Dreh hinter den Kulissen mitzuerleben hat großen Spass gemacht.

IM KINO

Mit den Dreharbeiten ist nun das künstlerische Projekt des steirischen herbst abgeschlossen. Jetzt geht es ans Produzieren. Unter maßgeblichem Engagement von Veronica Kaup-Hasler konnte im Sommer die Finanzierung des Materials als Film sichergestellt werden – der ORF, das Österreichische Filminstitut und das Land Steiermark sind beteiligt, produziert wird von Ulrich Seidl Film. Kelly Copper und Pavol Liska machen sich in den kommenden Monaten an die Bearbeitung des Materials, Ende 2018, Anfang 2019 soll der Film in die Kinos kommen.

Jazz Festival Leibnitz 2017

Jazz & Wein

Eins der Highlights im heimischen Kulturleben ist das alljährlich wiederkehrende Jazz & Wein im südsteirischen Leibnitz. Otmar Klammer tischte internationalen Ohrenschmaus auf, die Sausaler Weinbauern verwöhnten mit ihrer Jahrgangspräsentation, und Werner Schandor präsentierte die zweite Auflage seines im Falter Verlag erschienenen Reiseführers.

Donnerstag, 28. September, wurde das Festival um 19 Uhr nach im Normbereich liegenden Ansprachen mit dem Tori Freestone Trio (GB)Tori Freestone [Bild oben] Tenorsaxophon, Dave Manington, Bass und Tim Giles, Schlagzeug – im Weinkeller Schloss Seggau eröffnet und endete am Sonntag, 1. Oktober, beim Brunch um 11 Uhr im Weingartenhotel Harkamp mit Die Enttäuschung (D)Axel Dörner, Trompete, Rudi Mahall, Bassklarinette/Bariton Saxophon, Jan Roder, Bass und Michael Griener, Schlagzeug. Dazwischen fanden wie im Vorjahr die Jazzkonzerte im Kulturzentrum Leibnitz statt. Neu war heuer ein Gig für Nachteulen am Freitag um 23 Uhr mit Café Drechsler (AT)Uli Drechsler, Tenorsaxophon, Alex Deutsch, Schlagzeug/Bass und Oliver Steger, Bass – im Marenzikeller Leibnitz.

Es gab eine Hotel-Package, bzw. ein Shuttle-Service nach Graz für diejenigen, die nicht wie ich über Nacht in Leibnitz blieben weil sie das Privileg eines Backstage-Pass hatten. So fühlte sich der Kulturjournalist wie in einer Familie aus Kollegen, z.B. Andreas Felber von Ö1, Gabi Sailer, Christoph Giese und Julian Schoenfeld, Musikern, Roadies und einer ganzen Menge anderer Helfer, mit denen es hinter den Kulissen zu vielen guten Gesprächen und neuen Freundschaften kam.

Ich unterhielt mich gerne mit der britischen Saxophonistin Tori Freestone (die ich als einzige Frau dieses Festivals scherzhaft Lisa Simpson nannte, was sie sehr amüsierte) und Cyril Atef, dem innovativen Drummer beim Yves Robert Trio. Mit Stevie Bernstein, Trompete, und Tony Scherr, dem trockenen Bassisten vom Sexmob frühstückte ich im Café Deli, mit Jan Roder, Bass der Berliner Band Die Enttäuschung, trank ich Backstage und Axel Deutsch, den energiegeladenen Schlagzeuger des  Café Drechsler traf ich natürlich auch beim Frühstück im Café Deli.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Die verbleibende Freizeit verbrachte ich mit der Jazzfotografin Ulla C. Binder, deren Bilder im Kulturzentrum ausgestellt waren und die im Rahmenprogramm des Festivals einen Workshop für Jazzfotografie im Retzhof machte, bei dem ich gleich assistieren durfte. Dabei hatte ich meine  Canon Spiegelreflexkamera samt Objektiven vor zwei Jahren verschenkt und knipse seither nur noch mit dem iPhone und einer kleinen IXUS, was zum Bloggen (siehe oben) eigentlich ausreicht.

Abschliessen möchte ich meinen Bericht mit zwei CD Empfehlungen: Das neue Album des Tori Freestone Trios: El Barranco, das im Weinkeller live zu hören war und die neue CD des Café Drechsler: and now…boogie!, die gesprochene Worte enthält, die man beim Abtanzen im Klub nicht hörte. Muss man haben!

See you at the next Leibnitz Jazz Festival in 2018.

Spring and the Land

SUMMERSET, CD und Vinyl

Wer in der Popmusik überleben will, muss drei Kriterien erfüllen.

  1. Die Musik/Besetzung und/oder Stimme muss so unverwechselbar einzigartig sein, dass man sie im unendlichen Musikbrei sofort erkennt, wie zB. David Surkamp (Pavlov’s Dog), Michael Stipe (R.E.M.), Phil Collins (Genesis). Auch Voodoo Jürgens, Klaus Nomi oder Norbert Wally ist bzw war diese Qualität eigen, um auch deutschsprachige Musiker zu nennen.
  2. Man muss in der „richtigen“ Stadt leben. New York, Melbourne oder London bieten Musikern unendliche Möglichkeiten an Labels und Music Venues. Graz, Wies und nicht einmal Wien gehören in diese Kategorie, Berlin vielleicht.
  3. Man muss mit Produzenten, Kritikern und MTV Redakteuren „schmoozen“ können, um das jiddische Wort zu bemühen, und mit den wichtigsten Radiostationen auf du und du sein. Auf FM4 gespielt zu werden ist cool, aber noch lange nicht die Welt.

Warum ich diese Präambel zu der Besprechung des zweiten Albums einer Band mache, die ich bislang noch nicht kannte, liegt auf der Hand. Spring and the Land hat diese Stimme, die einen schon im ersten Track, The Meadow, fasziniert und regelrecht überfährt. Die Kopfstimme und und die kleinen Risse und Unebenheiten sind einzigartig und im dazugehörigen Videoclip sehr schön herausgearbeitet.

Warum es diese auch handwerklich sehr gute Formation um Jacques Bush, Gitarre & Gesang und Marino Acapulco, Schlagzeug, (die richtigen Namen sind der Redaktion bekannt) auf der internationalen Landkarte der Popmusic noch immer nicht gibt liegt daher an Punkt zwei und drei. Die Musiker sind Grazer und viel zu sympathisch, um sich auf schmoozen zu verstehen.

Auch Dogboy!, die voraus gegangene Electronic-Formation der beiden mit dem Debutalbum Watersports, das bereits im Jahr 2002 erschienen ist, hat es nie nach Australien geschafft und nicht einmal in Österreich die Charts erobert.

Ich verdanke es Pumpkin Records unermüdlichem Wolfgang Pollanz und seinem kleinen aber feinen Pumpkin Pool Festival am 1. September 2017 in Wies, die Band persönlich kennengelernt zu haben. Nach diesem intimen Gig keimt in mir die Hoffnung, dass es  heimische Musiker doch noch schaffen werden, über die Grenzen hinaus bekannt zu sein und mit Popmusik nicht nur zu überleben, sondern wie Sterne zu scheinen.

Anmerkung 23. Juli 2022: Die Band Website – https://www.springandtheland.com/ – ist leider offline. Wie es scheint, hat sich die Band zu meinem größten Bedauern aufgelöst.

Pumpkin Pool Festival

Freitag, 1. September 2017, 18.00
Atelier im Schwimmbad, WIES

Kleines, aber feines Musikfestival von pumpkinrecords.

Live on stage:
Matthias Forenbacher (solo)
Tiger Family
Spring and the Land

Matthias Forenbacher, dessen CD „Life Vest“ vor einiger Zeit auf pumpkin erschienen ist, eröffnet den Abend mit einem Set aus alten und neuen Songs – für „Freunde wohltuend unmoderner Klänge mit ihrer stimmigen Mischung aus Folkrock, Country und alternativem Singer/Songwritertum“ wie die Wiener Zeitung schrieb.
Auch die Tiger Family, deren erste LP 2016 ebenfalls auf pumpkin erschien, spielt leise, akustisch und entspannt – „so ist eine andere Dynamik möglich, was Herz und Emotion angeht.“ (Zitat „Kleine Zeitung“).
„Pop der Marke hübsch, prachtvoll und spinnert“, schrieb jüngst der Wiener Falter über Spring and the Land. Die Grazer Band bewegt sich in ihrem eigenen Kosmos und erforscht dabei die unendlichen Weiten der Popkultur.
Wer neugierig ist auf Musik abseits des Mainstreams, hat beim pumpkin pool festival Gelegenheit, viel Neues und Überraschendes zu entdecken.

Wolfgang Pollanz – www.pumpkinrecords.com

La Strada Graz Festival 2017

Machine de Cirque (Kanada)
Machine de Cirque

Foto © Nikola Milatovic

La Strada: Die fünf Ausnahmekünstler des jungen kanadischen Ensembles sind allesamt Multitalente, die neben dem artistischen auch ihr musikalisches Können unter Beweis stellen. Unter der Regie von Vincent Dubé erschaffen sie eine einzigartige, eine surreale Welt.

15 Jahre nach der Apokalypse finden sie ihre ganz eigene Überlebensstrategie. Ihr Weg zur Rettung führt über eine höchst erstaunliche Maschine – gleich einem Ersatzteillager, mit dessen Teilen sie sich meisterlich spielen. Immer bereit, ihre Körper und Seelen zu entblößen und uns zum Lachen zu bringen, zu bewegen und zu überwältigen.

Cirque Aïtal (Frankreich)
Pour le meilleur et pour le pire

„Von kühnen Balanceakten bis zu wild-wirbelndem Spiel auf der Wippe geht das französisch-finnische Paar an seine Grenzen. Schönheit und Anmut, Leidenschaft und ungefilterte Empfindsamkeit behalten hier immer die Oberhand.“

Le Monde
Foto © Strates-Mario del Curto

La Strada: „In guten wie in schlechten Zeiten“ heißt diese großartige Produktion des Neuen Zirkus – und auf eine Reise durch genau jene nimmt das Akrobaten-Paar Kati Pikkarainen und Victor Cathala seine Zuschauer mit. Balancierend, durch die Luft fliegend, einander haltend und hebend, inszenieren die beiden Artisten ihre Beziehung, lassen die Zuschauer an der Entwicklung, Spannung und dem Rhythmus des menschlichen Miteinanders teilhaben; streiten, versöhnen und lieben sich in der Manege. Und zeigen damit ihre ganz eigene Interpretation des zeitgenössischen Zirkus: geerdet und ohne Glitter – Autoradios, Abgase und wunderbare Akrobatik inklusive.

Standing Ovations für beide Produktionen: Die Eine bot großartige Akrobatik auf der Opernbühne, die Andere poetische Einblicke im Zirkuszelt

Die Zirkusmaschine sah ich mit den weit offenen Augen eines Kindes, das aus dem Staunen nicht hinaus kam und sich emotional wie schon lange nicht um die Artisten bangte. Was es zu sehen bekam, war eine Superlative akrobatischer Präzision in den unglaublichsten Kunststücken zur rockigen Musik des hauseigenen Schlagzeugers.

Die Episoden des jungen Paares im Zirkuszelt waren ganz anderer Natur. Ein klappriger roter Simca 1000 und ein artiger Hund begleiteten die beiden durch dick und dünn, um am Ende die Prüfungen des (Liebes-)lebens mit kraftvoller wie humorvoller Akrobatik zwar verdreckt, aber gemeinsam zu bestehen: „Le vent nous portera.“

Juli – 5. August 2017
Tickets & Informationen: +43 316 26 97 89
La Strada Graz

Barbara Balldini, Sexpertin

Sex und die Balldini. Die Geschichte könnte auch heißen: Sextalk coram publico, oder: Was sie schon immer über Sex wissen wollten, sich aber nie zu fragen trauten. 2013 hatte ich ihr erstes Buch Besser Schlampe als gar kein Sex besprochen und seither drei von ihren vier Kabarettprogrammen gesehen. Auch diesmal fand sie in Graz ein dankbares Publikum, das sich von ihrer Offenheit im Umgang mit Sexthemen begeistern ließ.

Die Aufgeklärten konnten sich herzhaft lachend gelegentlich selbst im Spiegel sehen, jene, die ein bisschen Nachhilfe beim Sex nötig gehabt hätten, waren ohnedies nicht da. Balldini mag eine gute Therapeutin und eine Göttin im Bett sein, sie ist aber auch geschaffen für die Bühne. Mit ihrem Vorarlberger Dialekt kann sie sich alles erlauben und beim Namen nennen, was auf Deutsch nicht ginge und auf Wienerisch schlichtweg ordinär klingen würde.

Nach ihrer zweiten ausverkauften „Best Of“ Show auf der Kasemattenbühne am Grazer Schlossberg hatte ich ein Rendezvous mit Barbara ausgemacht und mir vorweg allerhand Fragen für die wortgewandte Sexpertin zurechtgelegt.

Wir begrüßten uns wie alte Freunde und setzen uns nach der dreistündigen Show angeregt aber auch sichtlich erschöpft zusammen. Barbara schlug vor, ihr meine Fragen per Email zu schicken und so wurde aus dem geplanten Interview ein intimes Gespräch zweier Menschen, die in offenen Beziehungen leben. Barbara wusste instinktiv, dass sie in mir einen ebenso Unverklemmten getroffen hatte und so unterhielten wir uns über Tabuthemen so offen wie andere über Gott und die Welt.

Ich freue mich auf die nächste Barbara Balldini Show. Die heißt Freudenmädchen (Eindringliche Gespräche) und wird zu zweit im Sofa mit Mika Blauensteiner erstmals auf die „ganz persönlichen Fragen“ des Publikums eingehen.

Diese können auf balldini.com oder Facebook gepostet werden. Die beiden fürchten nichts. Wirklich nichts! Fein. Dann brauch ich gar nicht mehr nachzudenken. Termine ebenfalls auf balldini.com

Live at the Parkhouse

Der Grazer Stadtpark hat was und das Parkhouse Café in seiner Mitte auch. Sonntags ab 18 Uhr gibt es Live Musik – dem alternativen Publikum entsprechend Indie Bands, wie letzten Lazy Sunday (das Programm wurde witterungsbedingt von Sonntag auf Montag verschoben) –  zwei heimische Outfits, The Tiptoes und Saint Chameleon.

lazy_sundays

Aufgrund des Montag-Termins konnte nur ein Teil der Band um die Sängerin Miriam Bichler auftreten (die ich wegen des wunderschönen Badetages am Lake Schwarzl  versäumt habe), dafür durfte man zu Bandleader Luka Sulzers aktueller Besetzung (ohne Francesco Doninelli und Lukacz Custos, dafür mit neuem Schlagzeuger und Klarinette/Saxofon) auch einen schnellen Shag (den Swing-Tanz aus den 1930er und 1940er Jahren) tanzen.

Saint Chameleon arbeiten übrigens bereits im Studio an ihrem Debütalbum, das Anfang 2018 erscheinen wird.