Holler My Dear im Orpheum Extra
Holler My Dear haben nun nach drei Jahren ihr drittes Album im Orpheum Extra vorgestellt. Beim Launch ihrer zweiten CD Eat, Drink, and Be Merry in der „pangea musik lebt“ Reihe in der Postgarage waren sie mir aufgefallen. Ihre Musik verweigerte Zuordnung einer Schublade, also nahmen sie vier: Pop, Swing, Funk, Folk – ich hätte auch noch eine Priese Jazz hinzugefügt.
Steady As She Goes baut auf diese Fundamente, auch wenn der Titel eine ruhige Seefahrt suggeriert. Einen Titel zu wählen, der schon stark besetzt ist, etwa von Hot Tuna und den Raconteurs, ist mutig, abgesehen davon, dass keiner der 16 Tracks an einen Shanty erinnert und außer dem Titelsong und Memories und The Deep nichts mit dem Meer zu tun hat. Aber egal, man muss nicht alles verstehen.
Das Konzert hinterließ jedenfalls wieder eine sehr angenehme Hautsensation. Die sechs Musiker sind alle Perfektionisten, nicht nur am eigenen Instrument, sonder auch Reihum. Stephen Molchans (Trompete) war am Piano zu sehen, am Schlagzeug und sogar als Rapper. Apropos Rap: Laura Winkler, Spitzname „Laus“ hat auch gelegentlich eine schnellere Zunge, als ein Normalbürger zu denken vermag. Eine Herausforderung, will man mitsingen. Übrigens hat sich Lucas Dietrich vom U-Bass getrennt, spielt aber immer noch eine kleinere Version eines E-Bass. Ist praktischer und klingt besser. Na dann.
Holler My Dear: Steady As She Goes, Traumton Records, Berlin 2018
Red Sea, Egypt
Coral Sun Beach
Begleitet von Fischen, die man sonst nur im Aquarium sieht, im flachen Meer über farbenprächtige Korallen zu schnorcheln, hat schon etwas besonderes. Das kann man nicht nur am Great Barrier Reef in Queensland, sondern auch am Roten Meer, etwa 80km südlich von Hurghada, das nun schon drei Flughäfen hat. Kein Wunder, denn der Tourismus blüht, seit Ägypten dem Terrorismus keine Chance mehr gibt.
An der Küste findet man Gated Communities wie Abu Soma Bay bei Port Safaga, wo die vielen Kontrollen einem das Gefühl geben, ein Hochsicherheitsgefängnis zu betreten. Dort stehen 5-Sterne-Hotels, Paläste, die den reichsten Sultanen genauso genügen müssen, wie deutschen Geschäftsmännern, die zu den besten Freunden Ägyptens aufgestiegen sind. Prestige ist eben alles.
Dagegen lobe ich mir die Freiheit, frühmorgens lange Spaziergänge zwischen Meer und Wüste zu machen, wo einem der Guard aus dem Hotel nur zuwinkt, wenn man an schier endlosen Stein- und Sandstränden entlang durch menschenleere Gebiete geht und nur sträunenden Hunden begegnet. Danach entspannt man im Spa in der Sauna, lässt sich im türkischen Hamam mit einer Ganzkörpermassage verwöhnen, und baumelt mit der Seele.
Einzig nervig der Schlafentzug durch den Nachtflug der Air Cairo um 02:40 und das ständige Anmachen um Bakschisch für alles und nichts. Das hat sich seit 1994 nicht geändert, als ich das erste Mal in Ägypten war. Dennoch ist es unterm Strich immer noch die Reise wert.

Women Without Men
Shirin Neshats preisgekröntes Spielfilmdebüt: Women without Men – Zanan-e bedun-e mardan
Silberner Löwe (beste Regie), UNICEF-Preis, Venedig
Wenn man die fließenden Bildkompositionen von „Women without Men“ sieht, denkt man an die Filme eines Luis Bunuel (…) genau wie Bunuel hat auch Shirin Neshat das Land, aus dem sie stammt, im Exil wiedererschaffen – nicht als fotografisches Abbild, sondern als Phantasmagorie. (FAZ)
Es sind bestechend schöne Bilder, die die Regisseurin gefunden hat, klar und doch traumverloren, farbgesättigt und kontrastreich. (Tagesspiegel)
Sommer 1953: Der erste demokratisch gewählte Premierminister des Iran, Mohammed Mossadegh, wird durch einen von den USA und Großbritannien unterstützten Staatsstreich gestürzt. In einem verwunschenen Garten vor den Toren Teherans treffen sich vier Frauen, deren Leben nicht unterschiedlicher sein könnte – die kunstliebende Fakhri, die junge Prostituierte Zarin, die politische Aktivistin Munis und deren Freundin Faezeh. Das Chaos nach dem Putsch hat sie hier zufällig zusammengeführt; hier erleben die vier Protagonistinnen für einen kurzen Moment Lebensfreude, Freiheit und das Gefühl von Glück.
„Women without men“ ist der erste Spielfilm der international renommierten Video-Künstlerin Shirin Neshat. Basierend auf dem gleichnamigen Roman der iranischen Schriftstellerin Sharnush Parsipur entwirft Shirin Neshat in prächtigen und prägnanten Bildern eine magisch-fantastische Welt.
Mit: Pegah Ferydoni, Arita Shahrzad, Shabnam Tolouei, Orsi Toth. Buch und Regie: Shirin Neshat, Shoja Azari. Kamera: Martin Gschlacht. Musik: Ryuichi Sakamoto. Deutschland / Österreich / Frankreich 2009. 99 min. 1:1,85. Farbe. Persisch. OmU. Ab 12.
Shirin Neshat, geboren 1957 im Iran. Ihre Arbeiten als Künstlerin setzen sich mit den sozialen und religiösen Einflüssen auseinander, die die Identität muslimischer Frauen prägen. Für ihre Videoinstallation „Turbulent“ (1998) erhielt sie den Internationalen Preis der 48. Biennale von Venedig. Werkschauen im Whitney Museum, New York, im Nationalmuseum für Gegenwartskunst, Athen, in London, Amsterdam, Berlin und Montreal. „Women without Men“ ist ihr Debüt als Spielfilmregisseurin. Ihr zweiter Spielfilm, der sich dem Leben und der Kunst der legendären ägyptischen Sängerin Oum Kulthum widmet, kommt 2018 in die österreichischen Kinos.
Shirin Neshat über „Women without Men“: (…) die persönliche Krise der Frauen und ihr Streben nach Freiheit ähneln der Situation der iranischen Bevölkerung. Als Women Without Men 2009 auf den Filmfestspielen in Venedig gezeigt wurde, erhob sich in Teheran die Grüne Bewegung und interessanterweise war die Präsenz der Frauen dort genauso beeindruckend wie die Furchtlosigkeit der Menschen, der gesamten Nation. (Aus: „Freitag“ vom 24.06.2010, KIZ-Info 08-2010)
KIZ RoyalKino in Kooperation mit der Neuen Galerie Graz und der Ausstellung Shirin Neshat, Frauen in Gesellschaft
So, 18.02.2018 um 11.30h
Mit einer Einführung durch Kurator Günther Holler-Schuster
Weitere Termine:
So, 04. und So, 18.03. jeweils um 11.30h
G-G-SIX-O
Gerald Ganglbauer wird 60
Der österreichisch/australische Verleger, Autor, Kulturjournalist und Parkinson Ambassador feiert Geburtstag in der Postgarage mit einem unplugged Benefizkonzert seiner Musikerfreunde, gemischt mit kurzen Lesungen aus „Geografie der Liebe“ und „Korrespondenzen auf Papier“ – www.gangan.com
Fix dabei ist Norbert Wally (The Base) und Singer/Songwriter Joerg Veselka, der seine neue Band vorstellt auch im ersten Beitrag für Parkinsong Duets zu hören ist.
Update 16.02.2018
In einer Woche geht das Fest über die Bühne, und es wäre beinahe ohne GG gelaufen. Vergangene Woche hatte ich einen heftigen grippalen Infekt mit hohem Fieber. Zum Glück geht es sich noch aus mit den verordneten Antibiotika vor dem Fest fertig zu sein, sonst hätte ich um Mitternacht nicht einmal mit einem Glas Sekt anstossen dürfen. Meine Stimme ist bis dahin wahrscheinlich immer noch unbrauchbar für ein Duett, wir hatten ohnedies keine Zeit für Proben, aber dabei sein ist schließlich alles!
Die Vorbereitungen sind daher eine Woche im Verzug und als Rekonvaleszent mit streng verordneter Bettruhe kann ich auch nicht viel machen. Neue Überraschungsgäste wie Thomas Moretti und Barbara Ladurner haben sich angesagt. Norbert Wally wird seine Stimme auch in einer Lesung aus Geografie der Liebe einbringen und Katharina Karmel wird ihre den Briefen aus Korrespondenzen auf Papier leihen.
G-G-SIX-O ist ein Fest und daher werden in der Postgarage keine Bücher verkauft, sondern Hunderte Bände von Reinhold Aumaier und Magdalena Sadlon verschenkt. Vorbestellungen der Bücher von Gerald Ganglbauer und Barbara Ladurner werden aber gerne unter verlag@gangan.at entgegengenommen. Infos unter www.gangan.com
Anschließend kann mit ANNA (präsentiert von Audiotherapie) die Nacht bis in die frühen Morgenstunden abgetanzt werden – soundcloud.com/clashmusic/clash-dj-mix-anna – wir haben für unsere Gäste einen Spezialpreis für den heißen brasilianischen DJ ausgemacht.
Bilder vom Fest
Fotografiert von Lucija Novak
G-G-SIX-O und ANNA
Freitag, 23. Februar, 19 Uhr
bis Samstag, 24. Februar, 7 Uhr
Postgarage postgarage.at
Dreihackengasse 42 am Rösselmühlpark
8020 Graz
Spenden zugunsten von Parkinsong Duets www.parkinsong.org | pon.or.at | Gangan Verlag | Gangan Records
Gravity & Other Myths
Cirque Noël x 2
Ich habe mich schon gefragt, ob es überhaupt möglich wäre, den Cirque Noël noch besser zu machen. Dabei ist es so einfach: Intendant Werner Schrempf macht zwei!
7 Fingers (Kanada)
Diese Compagnie aus Montréal in Graz vorzustellen, hieße Eulen nach Athen tragen, haben sie doch schon zuvor für La Strada in der Grazer Oper standing ovations erhalten. Diesmal erzählen sie mit dem Programm Réversible in der Helmut List Halle eine sehr dynamisch choreografierte Zirkusgeschichte, ihre eigene, in einem Sprachmix aus Englisch und Deutsch, charmantem französischen Akzent und Spanisch. Die Vorstellungen sind bis 4. Jänner zu sehen, wenn man das Glück hat noch Restkarten zu bekommen – www.cirque-noel.at

Gravity & Other Myths (Australien)
Der Neue Zirkus ist immer gut für eine Überraschung. Was diese jungen Artisten aus Adelaide im Grazer Orpheum anbieten, verdient die allerhöchste Bewunderung. Was anfangs recht einfach aussehen mag, steigert sich im hervorragenden Teamwork der sieben Australier (der junge Mann mit den Aussie-Socken ist Schlagzeuger: er ist quasi das Metronom der Gruppe und bringt in der Show auch seinen Körper einmal als Instrument ein) in A Simple Space zu begeistertem Applaus über nie zuvor gesehene Kunststücke. Aber ich will nichts verraten, denn solange es noch die eine oder andere Restkarte gibt, muss man das mit eigenen Augen gesehen haben – www.gomcircus.com.au
A Simple Space wird noch bis 31. Dezember gezeigt und obwohl die Performance in hunderten Auftritten perfektioniert durch alle Lande tourt, hat sich die Gruppe gefreut, in mir einen zerstreuten Australier zu treffen, der die Speicherkarte der Kamera zuhause vergessen hat und seine Exklusivfotos daher nur mit dem Handy machen konnte. Dennoch habe ich mich sehr gefreut, wieder einmal Landsleute zu treffen.
Cheers maties. You were bloody terrific!

Mario Rom’s Interzone
Truth Is Simple To Consume
Allein diese Fotografie der drei distinguierten Gentlemen von Severin Koller macht eine Ankündigung ihrer CD-Präsentation im Stockwerk Jazz, Graz unabdingbar. Mit nur drei Tagen Vorlauf bis Mittwoch den 13. Dezember, 20 Uhr bleibt allerdings nicht viel Zeit, den vorweihnachtlichen Termin noch unterzubringen. Aber wenn Herr Klammer mit derartig schönen Worten bittet, davon Kunde zu tun, ist es ein Pflichttermin.
Das dritte Album
Das Trio rund um den atemberaubend virtuosen Trompeter ist schon jetzt eine der erfolgreichsten Jazzbands, die das Land in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat. Mittlerweile waren Mario Rom und die Seinen mit ihrer so unbekümmerten wie ungestümen Musik schon auf der halben Welt zugange. Gerade erst waren sie in Kanada, Marokko, Indien und in Admont, wo sie ihr neues – drittes – Album präsentiert haben.
Mit der surrealistisch witzigen, vierteiligen Online-Filmserie Everything Is Permitted, eingefangen zwischen Mexiko, New Orleans und Österreich, erregten Rom, Kranzelbinder und Pirker großes Aufsehen und haben damit schon vor ein paar Jahren ein kleines Stück europäische Musikgeschichte geschrieben. So etwas hatte man bislang noch nicht gesehen!
Nun kommen die drei bärtigen Herren mit den ausgeflippten Ideen zur Präsentation ihres dritten Albums ins Stockwerk zurück.
Ein seltener Beweis, dass sich hot und cool oder free und retro nicht ausschließen müssen. Sie räumen alle stilistischen Wegweiser zur Seite, swingen, grooven, dampfen, nehmen abrupt Tempo aus der Bewegung, sie spielen, wie es ihnen die Energie gerade gebietet.
MARIO ROM´S INTERZONE (A) sind Mario Rom – trumpet, Lukas Kranzelbinder – bass und Herbert Pirker – drums
The Necks
Tonight at Orpheum Extra
(Pure Scenius) „This was selfless art, with the participants always servants of the musical thread… Australia’s inventors of acoustic, jazz-inflected minimalism, The Necks. Beforehand there seemed a danger of the Necks‘ unique and complete conception being ravaged by any interlopers. But Eno was astute enough to suggest musical contexts in which The Necks could do what they do – and arguably be the music’s linchpin – while being embellished with flawless empathy“
SYDNEY MORNING HERALD
At the Orpheum Extra stage in Graz, all the way from Sydney, Australia | Photos Gerald Ganglbauer www.thenecks.com
Tenerife, Canary Islands
Nick Cave

Ich kenne und schätze Nick Cave schon seit Jahrzehnten, als er mir in Wim Wenders Film „Himmel über Berlin“ aufgefallen war. Bald darauf lebte ich wie er in Australien, habe ihn aber zufällig nur ein einziges Mal bei einem Besuch in Wien live erlebt, wo ich als frischer Landsmann nach dem Konzert ein paar Worte mit ihm getauscht habe. Das war Anfang der 90er und er war „The Good Son“ und wir waren miteinander auf Augenhöhe verbunden.

Heute, 30 Jahre später, ist er ein Superstar und es war mir nicht möglich, ihn in Wien zu treffen und mit ihm über Parkinsong Duets zu reden. Sein Management hat ihm meine Mails wahrscheinlich nicht einmal weitergegeben, geschweige denn beantwortet. So ist das nun einmal mit Superstars. Deshalb war ich mehr als überrascht, wenige Tage nach seinem Auftritt in Wien in den Konzertmitschnitten eines Kollegen zu sehen, wie er sich völlg ohne Berührungsangst in der Menge badete. Für das Wiener Publikum muss das ein Erlebnis gewesen sein!
Danke, El Nino | raiRau7, dass du am 1. November 2017 mit der Kamera meine Augen und Ohren in der Stadthalle warst.
Wenn ich zuhause Nick Cave höre, sind das meist seine melancholischen Balladen mit den Bad Seeds, obwohl er mit seiner anderen Formation, Grinderman, auch heute noch ziemlichen Lärm machen kann.
„Skeleton Tree“, das aktuelle Album von Nick Cave & The Bad Seeds habe ich bereits vor einem Jahr in Gangway Music wie folgt vorgestellt.

Nick Cave und ich haben einiges gemeinsam: Wir sind gleich alt, lebten beide in Australien und lieben Musik und Literatur und das Internet. Ich habe ihn zwar nur einmal in Wien getroffen, aber ich weiß, dass wir beide auch die dunkle Seite der Welt kennen, wenn wir um einen geliebten Menschen trauern und das öffentlich tun. Ich in Büchern, er mit einem Album wie Skeleton Tree, Trauerarbeit für den Verlust seines Sohnes. Am 14. Juli 2015 verunglückte Arthur Cave tödlich, der 15-Jährige stürzte an Englands Südküste von einer Klippe.
Das Cover ist schwarz. Kein Design. Kein Verkaufsspin. Cave schenkt es einfach der Welt. Weltweiter Release über das Internet. Cave lässt die Welt teilhaben an seinem Verlust, aus dem die Welt wiederum wunderschöne traurige Lieder erfährt und die Bad Seeds den Ton wie immer auf den Punkt treffen.
Ich höre und liebe die Lieder von Nick Cave & The Bad Seeds nun schon seit 1983, also seit der Bandgründung mit Blixa Bargeld in Berlin, dann dem „Himmel über Berlin“ (Wings of Desire), das sind bereits einige Jahrzehnte, „The Ship Song“ ist immer noch einer meiner Alltime-Favorites. Das gegenwärtige Album ist jedoch das dunkelste: „When you feel like a lover, nothing really matters, when the one you love is gone.“ (I Need you) hat mich zu Tränen gerührt.
Und da ist auch noch „One More Time With Feeling“ ein zweistündiger, in Schwarz-Weiß gedrehter Film. Auch darin Trauerarbeit. Die Kameras zeigen ihn bei der Studioarbeit, in die Aufnahmen sind Interviewszenen hineingeschnitten, in denen Cave über den Sinn des Lebens und den Tod reflektiert. Den Film habe ich noch nicht gesehen und will ihn vielleicht auch gar nicht sehen. Die Musik berührt mich tief genug und die Worte, sagt Nick Cave, sind mächtig. Dem kann ich nur zustimmen.
Nick Cave & the Bad Seeds’ sixteenth studio album, Skeleton Tree, is out now on vinyl, CD and across all digital platforms.