Endless Wellness & Buntspecht live

Das Orpheum Graz diente wieder einmal als Location für den Start einer Österreich-Tour von Buntspecht, die schon das siebte Album in ihrer Diskografie haben, und damit eine album release show spielen, mit der Support Band Endless Wellness, deren Debüt Single “Hand im Gesicht” FM4 Hörern als #nackabazi bekannt ist.

Buntspecht ist eine sechsköpfige österreichische Indie-Pop-Band aus Wien und in Graz kein unbeschriebenes Blatt. Im ausverkauften Haus sang das Publikum die Lyrics mit Florentin Scheicher und Lukas Klein und applaudierte begeistert.

Ihre neue Platte trägt den Titel „An das Gestern, das nie Morgen wurden darfte. Ich warte“ und ist auf Vinyl und CD erschienen, aber ich kann dazu nichts berichten, da der Manager mir ein Muster verweigerte („Gangway kenne ich nicht“) und ihm € 15 in der Kasse lieber waren, als eine Besprechung. Schrulliger Typ.

Vor dem Konzert plauderte ich mit Jakob Lang, einem Urvogel der Buntspechte, dem ich zufälllig über den Weg lief. Er spielt E-Bass und Kontrabass, was man am kräftigen Händedruck bemerkt, wie ich mir einbilde. Bei unserer Unterhaltung musste ich zugeben, kaum etwas über die Band zu wissen. Ich hatte sie ein paar Mal im Radio gehört und da waren sie mir aufgefallen und ich wollte sie einmal live sehen.

Orpheum Graz

Und die Show war die extra Anstrengung wert. Allein Florentin Scheicher zuzusehen, wie er einem tanzenden Derwisch gleich über die Bühne fegt, als ob seine Knochen biegsam wären. Gemeinsam mit Gitarrist Lukas Klein textet und slngt er in der Gruppe. Spass haben sie jedenfalls alle mit ihrer Musik, was sich schnell auf junge wie alte Hörer überträgt.

20 Jahre Binder & Krieglstein

Schlagzeuger Rainer Binder-Krieglstein (Quetschkommode und Dub-Reggae, Blaskapelle und Disko-Beats, Zigeuner-Geige und Girlie-Rap, orientalische Streicher und Lagerfeuer-Klampfe, verortet Treibhaus, Innsbruck) stellt im Leslie Open sein siebentes Album vor und spielt in den diversen Besetzungen eine „Best Of“ Revue.

Binder & Krieglstein 2022

Sieben x Binder & Krieglstein – nicht chronologisch gereiht zwischen 2002 und 2020, davon vier x CD und drei x LP/digital (Spotify & Co.)

THE Big BASE Band

The Base versus Jazz Orchester Steiermark

Mit Norbert Wally bin ich schon seit Jahren befreundet, dennoch war ich skeptisch, als er mir von der Kooperation seiner Band, THE BASE , mit der Big Band von Sigi Feigl erzählte. Nachdem ich in der Generalmusikdirektion die 20 Mann (nein, 19 Männer + 1 Dame) gesehen und gehört habe, bin ich jedoch absolut überzeugt vom Erfolg dieser Fusion.

Der Einsatz von Bläsern war den Indie-Rockern nicht fremd, gibt es doch in zahlreichen Stücken der Band Trompete und Posaune von Imre Lichtenberger Bozoki. Ein Vielfaches an Bläsern mit Rhythmusgruppe Keyboard und Bass, neu arrangiert und notiert, ergab einen rundum perfekten Klangkörper, der sich behutsam Wallys Gitarren und seiner einzigartigen Stimme fügte.

Und dann waren da auch noch  die Solisten, die ich teilweise als Berndt Luefs Musiker kannte, allen voran der großartige Patrick Dunst. Dass sich ein Jazz Orchester so gut von sanften Balladen bis zu heftigsten Dreschern mit Rock verbinden konnte, war ein geniales Hörerlebnis.

Die allseits bekannten Hits der Band waren gut gewählt, vom ältesten Song über seine fortlaufend nummerierten Girlfriends zu „Malibu Stacy“, „Buffalo People“ (16 Songs in Self Defense) und meinem persönlichen Favorit „I Bet It Rains“ (Where Is My Weather) bis zum gesuchten VJ aus dem Disco Bazaar und weiteren wohlfeilen Tunes. „The Rats“ (Secret Second Thoughts) bildeten den passenden Abschluss, denn auch nach zwei Stunden wollte noch keiner das Schiff verlassen.

Die beiden Auftritte wurden mitgeschnitten um daraus ein Live Album zu produzieren. Eine großartige Idee für jene, die nicht dabei sein konnten. Kauft  ein Stück Musikgeschichte, das nur noch von Sigi Feigls Hilfsbereitschaft übertroffen wurde, als er mir eigenhändig (und ohne mich zu kennen) seinen Bürosessel holte, als klar wurde, dass ich mich mit meinen Rückenschmerzen unbedingt hinsetzen musste, wenn ich das Konzert zur Gänze genießen wollte. So konnte ich  schmerzfrei zuhören. Danke, Sigi!

Nick Cave

Ich kenne und schätze Nick Cave schon seit Jahrzehnten, als er mir in Wim Wenders Film „Himmel über Berlin“ aufgefallen war. Bald darauf lebte ich wie er in Australien, habe ihn aber zufällig nur ein einziges Mal bei einem Besuch in Wien live erlebt, wo ich als frischer Landsmann nach dem Konzert ein paar Worte mit ihm getauscht habe. Das war Anfang der 90er und er war „The Good Son“ und wir waren miteinander auf Augenhöhe verbunden.

Nick Cave in der Stadthalle Wien | © El Nino

Heute, 30 Jahre später, ist er ein Superstar und es war mir nicht möglich, ihn in Wien zu treffen und mit ihm über Parkinsong Duets zu reden. Sein Management hat ihm meine Mails wahrscheinlich nicht einmal weitergegeben, geschweige denn beantwortet. So ist das nun einmal mit Superstars. Deshalb war ich mehr als überrascht, wenige Tage nach seinem Auftritt in Wien in den Konzertmitschnitten eines Kollegen zu sehen, wie er sich völlg ohne Berührungsangst in der Menge badete. Für das Wiener Publikum muss das ein Erlebnis gewesen sein!

Danke, El Nino | raiRau7, dass du am 1. November 2017 mit der Kamera meine Augen und Ohren in der Stadthalle warst.

Wenn ich zuhause Nick Cave höre, sind das meist seine melancholischen Balladen mit den Bad Seeds, obwohl er mit seiner anderen Formation, Grinderman, auch heute noch ziemlichen Lärm machen kann.

„Skeleton Tree“, das aktuelle Album von Nick Cave & The Bad Seeds habe ich bereits vor einem Jahr in Gangway Music wie folgt vorgestellt.

Nick Cave und ich haben einiges gemeinsam: Wir sind gleich alt, lebten beide in Australien und lieben Musik und Literatur und das Internet. Ich habe ihn zwar nur einmal in Wien getroffen, aber ich weiß, dass wir beide auch die dunkle Seite der Welt kennen, wenn wir um einen geliebten Menschen trauern und das öffentlich tun. Ich in Büchern, er mit einem Album wie Skeleton Tree, Trauerarbeit für den Verlust seines Sohnes. Am 14. Juli 2015 verunglückte Arthur Cave tödlich, der 15-Jährige stürzte an Englands Südküste von einer Klippe.

Das Cover ist schwarz. Kein Design. Kein Verkaufsspin. Cave schenkt es einfach der Welt. Weltweiter Release über das Internet. Cave lässt die Welt teilhaben an seinem Verlust, aus dem die Welt wiederum wunderschöne traurige Lieder erfährt und die Bad Seeds den Ton wie immer auf den Punkt treffen.

Ich höre und liebe die Lieder von Nick Cave & The Bad Seeds nun schon seit 1983, also seit der Bandgründung mit Blixa Bargeld in Berlin, dann dem „Himmel über Berlin“ (Wings of Desire), das sind bereits einige Jahrzehnte, „The Ship Song“ ist immer noch einer meiner Alltime-Favorites. Das gegenwärtige Album ist jedoch das dunkelste: „When you feel like a lover, nothing really matters, when the one you love is gone.“ (I Need you) hat mich zu Tränen gerührt.

Und da ist auch noch „One More Time With Feeling“ ein zweistündiger, in Schwarz-Weiß gedrehter Film. Auch darin Trauerarbeit. Die Kameras zeigen ihn bei der Studioarbeit, in die Aufnahmen sind Interviewszenen hineingeschnitten, in denen Cave über den Sinn des Lebens und den Tod reflektiert. Den Film habe ich noch nicht gesehen und will ihn vielleicht auch gar nicht sehen. Die Musik berührt mich tief genug und die Worte, sagt Nick Cave, sind mächtig. Dem kann ich nur zustimmen.

Nick Cave & The Bad Seeds | „I Need You“ 2016

Nick Cave & the Bad Seeds’ sixteenth studio album, Skeleton Tree, is out now on vinyl, CD and across all digital platforms.