gamsbART: nach 40 Jahren ist Schluss

Nach 40 Jahren steigt Phönix aus der Asche?

40 Jahre gamsbART gilt es zu feiern und zwar ordentlich. Es wird eine Mega-Fete geben, versprochen! Denn am 11.04. wird das ganze Orpheum zur Bühne und zur Begegnungszone. Sie erwartet ein tolles Programm voller Überraschung mit hoffnungsvollem Blick auf Zukünftiges: Zum einen präsentieren langjährige Wegbegleiter von gamsbART dynamische Projekte und junge Künstler, zum anderen bitten wir absolute Senkrechtstarter auf die Bühne des Orpheums.

Soweit die Werbung des Veranstalters, die andernorts auch als Abschied gelesen wird. Aber vielleicht wusste Martin Gasser von der Kleinen Zeitung noch weitere Details vom nunmehr pensionierten Veranstalter und seinem Trägerverein.

Erst vor ein paar Tagen hatte ich die mehrlagig überklebte Konzertplakatwand im Stockwerk Jazz Club genauer gemustert. Alle Plakate im unverwechselbaren Design von Herms Fritz musste ich verblüfft feststellen, dass gamsbART den Großteil davon veranstaltet hatte und ich in den 80ern viele davon live erleben durfte. Das waren die Jahre, wo ich ständig und überall Heimo Steps über den Weg gelaufen bin, den ich von den Anfängen von gamsbART kannte . Das dürfte so etwa 40 Jahre her sein und war für meine Liebe zu Jazz enorm wichtig. Die Konzerte im M59 von Eberhard Weber, Dollar Brand, Pat Metheny oder Jan Garbarek sind unvergessen.

Vor ca. 35 Jahren übernahm Gerhard Kosel das Management und da ich 25 Jahre lang meinen Lebensmittelpunkt in Sydney hatte, blieb das weitgehend unter meinem Radar. Da wir nach meiner Rückkehr voneinander nichts wussten, kam es anfangs in der GMD zu etwas Abrieb bei der Akkreditierung, der im tube’s wieder geglättet wurde.

Seien wir also gespannt. Das (Abschieds-)fest beginnt im Orpheum am 11. April 2024 um 19:30 (dem Welt-Parkinson-Tag) und ich bin überzeugt, dass ein Umtriebiger wie Gerhard Kosel auch nach dem Ende von gamsbART einiges aus dem Hut zaubern wird.

Das Fest: Gerhard Kosel liess sich feiern

Musiker aus fünf Generationen um Raphael Meinhart bis hin zum Pianisten Martin Listabarth durften jeweils fünf Minuten ihre Musik spielen. Das waren viele, die in 40 Jahren 5.000 Konzerte gespielt haben sollen. Dann war noch den Unterstützern und Sponsoren zu danken und der Verstorbenen zu gedenken und selbstverständlich dankte auch der Obmann des Vereins am Karmeliterplatz 5 den Politikern, die in Form von Subventionen den Verein am Leben erhielten. Unter dem Publikum wurden tolle Preise verlost, vom Jahreseintritt in den Grazer Jazz Club tube’s bis zu einer Flugreise nach New York ins Village Vanguard. Fragen nach der Zukunft und wie es mit gamsbART und Gerhard Kosel in Pension weiter ginge, blieben unbeantwortet.

Auf die versprochene „Überraschung“ musste das Publikum bis zum Finale um 1 Uhr früh warten: eine allerletzte Jam Session, Gerhard Kosel himself betritt die Bühne und ihm wird statt eines Mikrofons für eine weitere Ansprache ein Paket geliefert. Er öffnet es umständlich und entnimmt ihm eine Steel Drum, die er aufstellt und völlig aus dem Takt darauf trommelt. Vielleicht wollte er damit zugeben, dass er zwar viele Talente, jedoch kein Gefühl für Rhythmus im Blut hat. Und so beendete er die fast sechsstündige Veranstaltung mit dem simplen „Kling“ einer Triangel.

Gerald Ganglbauer

Hautzinger 3 im Stockwerk

Franz Hautzinger – Vierteltontrompete
Jakob Schneidewind – e-bass
Lukas König – drums, electronics 

Franz Hautzinger © Hans Ringhofer

Die Musiker dieses Wiener Trios bewegen sich in einem Bereich, der Wechselwirkungen zwischen Jazz, Neuer Musik und experimentellen, malerisch-expressiven Ansätzen ermöglicht. So ist von dieser Begegnung buchstäblich alles Mögliche zu erwarten. Im Zentrum der besonders responsiven Ausdrucksweise steht jedoch die Hingabe an den Moment.

Spricht man hierzulande vom experimentellen Jazz und dessen herausragenden Exponenten, so fällt mit Sicherheit nach kurzer Zeit der Name Franz Hautzinger. Ohne Zweifel zählt der Trompeter zu den anerkanntesten Vertretern der heimischen Jazzszene. Auch im Ausland genießt der enorm vielseitige Musiker inzwischen einen hervorragenden Ruf. 

Hautzinger einer bestimmten Kategorie zuzuordnen, ist nahezu unmöglich. Dafür tanzt er schlicht und einfach auf zu vielen Hochzeiten. So bewegt sich der gebürtige Burgenländer, der vor etwa hundert Jahren sogar an der Grazer Musikhochschule (heute KUG) studiert hat, ständig im Spannungsfeld zwischen den verschiedensten musikalischen Welten, die er durch sein Spiel in kausaler Nähe zum Jazz in Verbindung bringt. Der Trompeter fühlt sich in der zeitgenössischen Musik genauso beheimatet, wie im Jazz, in der Neuen Musik oder der Weltmusik. 

Als viel beschäftigter Solist oder in zahlreichen Ensembles, stets ist der 61-jährige Virtuose in der Lage, durch sein ungemein facettenreiches Spiel dem Gesamtwerk seinen unverwechselbaren Stempel aufzudrücken.

Samstag, 6. April, 20:00 Uhr live im Stockwerk
Otmar Klammer

Hautzinger 3 LIVE im Stockwerk
Fotos Gerald Ganglbauer

Quartet Flight Mode

Harri Sjöström (SF) – soprano sax
Elisabeth Harnik (AT) – piano
John Edwards (GB) – bass
Tony Buck (AU) – drums, vocals

Dieses illustre Quartett ist ein internationales, sehr prominent besetztes Ensemble für zeitgenössische improvisierte Musik und wurde eh erst 2022 gegründet. Das ist so gut wie gestern. Erstmals (wer es besser weiß, stehe auf und sage es, oder er möge für immer schweigen) ist dabei der finnische Holzbläser Harri Sjöström im Stockwerk zu hören, ein Meister am Sopran und Sopranino Saxophone, den wir vor allem aus seiner Zusammenarbeit mit Cecil Taylor in den 90er-Jahren in guter Erinnerung haben.  

Die vier ausgeprägten Individualisten bewegen sich auf extrem breitem Terrain und innert erstaunlich großer, immer wieder überraschend dynamischer Spektren. Explosive Freiflüge, radikale Echtzeit- Kompositionen, Free Jazz-Anklänge und subtile, fragil träumerische Soundscapes verweben sich zu atmosphärisch aufgeladenen Klangerlebnissen. Spontan und trocken, wie es sich im Jazz gehört, frisch, sperrig, aber auch verführerisch wild. Instant Composing at it’s best! (Otmar Klammer)

Harri Sjöström

Live zu erleben am Samstag, 3. Februar, 20:00 Uhr im Stockwerk, Graz

Freitag, 10. November 2023

An manchen Tagen müsste man sich clonen können. Der kommende Freitag ist ein solcher. Da müsste man zur Buchpräsentation von Tinted Trails

zur Lesung von Walter Hölbling ins Literaturhaus …

und zugleich ins Stockwerk zum Konzert vom Max Johnson Trio feat. Anna Webber.

Und wie löst man solch eine Terminkollision? Man bleibt zuhause.

Vojos illustrierte Musikgeschichte

„Kaffee mit Johnny Cash“ verlegt bei keiper, Graz 2022, ist „eine faszinierende Zeitreise durch fünf Jahrzehnte voller Musik und aufregender Medienwelt“, so der Untertitel der über 300 Seiten starken Autobiografie von Vojo Radkovic, stadtbekannt in der Grazer Musikszene als VOJO.

Wenn ein Musikveranstalter seine Memoiren schreibt, liefert das garantiert spannendes Material für viele Rock und Jazzfans. Wenn die Geschichte des Lesers, also meine, auch noch eng in seine Geschichte eingeflochten ist, macht mich das zu einem Teil dieser Chronik, wenn auch mit langen Unterbrechungen, als ich im Ausland lebte. Vojo ist zehn Jahre älter als ich, er war also bereits ein junger Reporter bei der Neuen Zeit, als ich, fünfzehn Jahre jung, begann meine ersten Schallplatten zu sammeln und am Musik Gewinnspiel der NZ teilzunehmen. Vojo hatte in London alle Bands der „roaring sixties“ live erlebt, war deshalb zusammen mit dem Jugendmagazin Bravo meine beste Quelle. Ich sandte fleißig Teilnahmekarten in die Musikredaktion, weil es tolle Platten zu gewinnen gab. Eines Tages stellte der Briefträger tatsächlich eine flache quadratische Kartonhülle zu, die aber leider nur eine zerbrochene LP enthielt. Ich kann mich heute noch an den Titel erinnern, Jonathan Livingston Seagull, mit Filmmusik von Neil Diamond. So kam es, dass ich Vojo persönlich kennenlernte, als ich den Bruch der Schallplatte reklamierte.

Wir schrieben das Jahr 1974, als die ersten internationalen Künstler in der Liebenauer Eishalle auftraten. Ich war gerade sechzehn und mein erstes großes Konzert mit „richtigen“ Rockstars und tonnenweise Technik, war Emerson, Lake & Palmer, die ihre Musik aus riesigen Lautsprechertürmen in Quadrophonie über die Zuhörer fluteten. Dieses Konzert war auch Vojos erster Auftritt als Veranstalter in Graz mit Unterstützung der NZ. Er war dabei recht großzügig in der Vergabe von Freikarten an seine jungen Freunde wie mich. So ging das wohl zehn Jahre lang, Mitte der Siebziger bis in die Achtziger holte er alles nach Graz, was in der Musikwelt Rang und Namen hatte. Ich hatte mittlerweile mein Studium beendet und war dank Vojo und einer seinerzeit sehr verdienstvollen Radiostation namens Ö3 und dem Rennbahn Express zu einem Kenner von zeitgenössischem Rock, Jazz und Underground geworden. „Welcome back my friends to the show that never ends“, diese Eröffnung des EL&P Konzerts hat sich in mein Hirn gebrannt, wie auch die Begegnung mit den Rockstars im Push ’n‘ Pull, dem späteren Ska.

Dann ging ich für ein paar Jahre nach Wien, wohnte in einer WG mit einem Musikjournalisten und schrieb Konzertberichte über Nick Cave und Genesis, die keiner drucken wollte. In Wien verlor ich Vojo aus den Augen, in 25 Jahren Sydney die österreichische Musikszene und wurde erst nach meiner Rückkehr aus Australien gewahr, dass Vojo Concerts in der Zwischenzeit hunderte, wenn nicht tausende Konzerte veranstaltet hatte, aber durch wirtschaftlich schwere Zeiten bald gezwungen wurde, die Veranstaltertätigkeit einzustellen. Zurück in Graz hatte ich den Kontakt zu Vojo wieder aufgenommen und über seine Konzerte berichtet. Aber Graz war von der Weltkarte des Rockzirkus verschwunden, die immer aufwendiger gewordenen Shows rechneten sich gerade noch in München oder Wien. Als letztes Open Air habe ich am Schlossberg auf der Kasemattenbühne The National gesehen, seither eine meiner Lieblingsbands. Das ist nun auch schon wieder gut zehn Jahre her.

Aber zurück zum Buch. Auch Johannes Silberschneider schweifte im Gespräch mit dem Autor bei der Buchpräsentation im Orpheum immer wieder ab und musste sanft erinnert werden, dass es nicht um sein Leben, sondern um Vojos Buch ging. Dabei war es schön zu beobachten, wie leidenschaftlich Silberschneider wurde. Er hatte, ähnlich wie ich, viele Berührungspunkte im Lebensweg mit Vojo. Persönliche Verbindungen, die über ein Leben hinweg bestehen bleiben. Zwei Drittel von EL&P sind tot, der noch lebende Schlagzeuger Carl Palmer dürfte sich nicht mehr erinnern, in Graz gespielt zu haben. Nun ja, es ist eben die Geschichte von Vojo Radkovic, er hat sie in verständlicher Sprache zu Papier gebracht und sie ist voll von diesen intimen Momenten, wie dem titelgebenden „Kaffee mit Johnny Cash“. Auch Boris Bukowski entbietet in seinem Buch Gags und Stories ähnliche Anekdoten, bloß war bei ihm Konstantin Wecker, der regelmäßig in Graz gastierte, schon der große Star, aber Gespräche mit Miles Davis, ein Essen mit Deep Purple oder die letzte Tournee von Frank Zappa vor seinem Tod war auf internationaler Skala nicht zu überbieten.

Heute arbeitet er trotz erreichen des Pensionsalters noch als Motor- und Musikjournalist für den GRAZER und tut mit der Charity „Let’s spend the night together“ alle Jahre Gutes. Wir begegnen uns respektvoll und freundschaftlich, nehmen und geben einander. Die Bekanntschaft mit diesem „großen“ Mann mit den (immer noch) langen Haaren hat meine Liebe zur Musik wie kein anderer geweckt, gefördert und geprägt. Die zahlreich im Orpheum anwesenden Zeitgenossen aus der Medien- und Musikbranche stimmten offenbar mit mir überein, denn die Schlange zum signieren des Buches reichte bis ins Foyer, was seine Verlegerin Anita Keiper sehr freute. Genug gesagt, schlagen wir das Buch endlich auf, erinnern uns an fünfzig Jahre Musikgeschichte und legen die dazugehörigen LPs aus Vojos Plattenbox auf den Plattenteller.

Johannes Silberschneider und Vojo Radkovic im Gespräch

Gerald Ganglbauer

Jazz in Graz

Oder: JBBG Smål

Die siebente Jazz Redoute im Dom im Berg. Mit sieben Acts und dem 70. Geburtstag von Berndt Luef beschließt sie auch sieben Tage La Strada. Was im Opernhaus mit Jazz begann, endet auch mit Jazz in den Eingeweiden des Schloßbergs, obwohl die Genres der langen Nacht nicht weiter auseinander liegen könnten. Aber so ist das mit Jazz, von seinen Wurzeln im schwarzen New Orleans bis ins multikulturelle Graz mit Heinrich von Kalnein und Horst Michael Schaffer.

Die alljährliche Jazz Redoute der Big Band Graz rückte von Jänner in den August

Das kleine aber feine Graz bezeichnet sich seit Jahren als Jazzhauptstadt und will es mit der jahrlichen Redoute, dem „Fest der Szene“ auch beweisen.

Gypsy Jazz, Blues, Funk – nur ein paar Eckpunkte der Œuvres unserer heimischen Bands, Jede Formation nützte die 25 Minuten Slots in der Reihenfolge des Aufrittes zur Freude des Publikums voll aus:: „Club Mineur“ (Simon Reithofer, Gitarre), „Berndt Luef Trio“ (mit Vibrafon Geburtstagstorte), „Jazz Big Band Graz Smål“, feat. Wolfgang Puschnig (Tribute to Uli Rennert 1960–2021), „The Cradle Collective“ (Blues und Country aus der Oststeiermark), „High Touring Collective“ Jazz-Rock (Jan Krizanic, Schlagzeug), „Günther Brück Quartet“ (Entre Amigos, Latin) und als letzter Act weit nach Mittternacht „Candlelight Ficus, (Funk und Pop aus Graz, die sehr unterhaltend versuchten, das ermüdete Publikum weit nach Miternacht zum Mitmachen zu bewegen.

Graz (mit Graz Umgebung) ist eine Jazzhauptstadt!

Eine Anmerkung zur Barrierefreiheit der Location. Zwei Stufen hätten mich beinahe zum Fall gebracht. Für die Grazer Spielstätten gibt es Handlungsbedarf.

Stattegg Village Jazz – 20:00

Village Jazz | Open Stage | Großmütterchen Hatz | Tori Freestone Trio | LUTrio | Sponsoren | Afterparty

LUTrio

Samstag, 24. September 2022, 20:00, Dorfplatz Stattegg

Verwurzelt im Jazz spannt das „LUTrio“ eine Brücke zwischen Tradition und Gegenwart dieses Genres. 2015 vom gebürtigen Stattegger und jetzt in Graz lebenden Lukas Kleemair (Schlagzeug) mit Urs Hager (Klavier) und Tobias Steinrück (Bass) gegründet, fungiert das Trio seitdem als Ideenquelle für eigene Kompositionen und als „Spielwiese“ für das gemeinsame Improvisieren und Zusammenspielen ganz im Sinne eines gleichberechtigten Ensembles.
Über die Jahre konnte das Trio seine Musik bereits in unterschiedlichen Rahmen präsentieren, so u.a. im „tube’s“ in Graz, im „ZWE“ in Wien oder im „jazzGap“ in Garmisch. 2018 gewann die Formation einen 1. Preis beim „Podium Jazz, Rock & Pop 2018“ in der Kategorie „Jazz und Contemporary Music Vplus“.
In seinem Debüt-Album „Silent City“, das im April 2022 auf dem oberösterreichischen Label ATS-Records erschienen ist, verwebt das Trio die unterschiedlichen musikalischen Facetten der Bandmitglieder ebenso wie Elemente aus dem Jazz, der Pop-Musik bis hin zur klassischen Musik.
Unter den neun Stücken in 55 Minuten finden sich neben eigenen Kompositionen von Schlagzeuger Lukas Kleemair auch Arrangements bekannter Jazzstandards, sowie Stücke der Beatles oder Erik Saties.

Fotos Johanna Seitinger Text Reinhard Brunner

Als Substitute für den verhinderten Bassisten Tobias Steinrück ist Kajetan Kamenjašević (ehemals Saint Chameleon) kurzfristig eingesprungen (Foto: Peter Purgar)

Stattegg Village Jazz – 19:00

Village Jazz | Open Stage | Großmütterchen Hatz | Tori Freestone Trio | LUTrio | Sponsoren | Afterparty

Tori Freestone Trio

Auf ihr robustes Tenorsaxophon greifen viele zeitgenössische englische Bands wie The Ivo Neame Quintet, Fringe Magnetic, das London Jazz Orchestra, Solstice, aber auch Orquest Timbala (Kuba), Hermeto Pascoal (Brasilien) und die Ingrid/Christine Jensen (New York/Canada) big band gerne zurück.
Und gleich mit ihrem ersten Trio-Album hat Tori Freestone für Aufsehen weit außerhalb der Insel gesorgt. Mit sperrigen und rauchigen Jazz Originals, die ein diffuses Gefühl der Ästhetik von Albert Ayler oder John Surman gleichermaßen evozieren, gleichzeitig aber reichlich erfinderisch sind, ließ die damals 44–jährige Londonerin aufhorchen. Nun hat die drahtige Dame aus der vordersten Reihe der britischen Szene mit El barranco und El mar de nubes zwei Scheite im Ofen nachgelegt, zwei, Alben, die ihre Einstellung zur melodischen Improvisation im Inneren der Jazztradition noch mehr vertiefen. Wobei ihr unwiderstehlicher, reifer und abgeklärter Sound im Verein mit ihren kongenialen Partnern Jay Davis (Schlagzeug) und Ryan Trebilcock (Bass) zupackende Expressivität gewinnt.
Ein imponierend ursprüngliches und formidables Trio mit viel Raum zwischen Jazz und Folk-Anleihen. Auch wenn sich das Trio nicht vor atonalen Passagen und manchen Ausbrüchen scheut, bleibt das Tempo meist verhalten, und man kann Entwarnung vor zu schroffer Abstraktion und Free Jazz  geben.

Fotos Michael Sticher Text Otmar Klammer

Stattegg Village Jazz – 18:00

Village Jazz | Open Stage | Großmütterchen Hatz |Tori Freestone Trio | LUTrio | Sponsoren | Afterparty

Großmütterchen Hatz

Samstag, 24. September 2022, 19:00, Dorfplatz Stattegg

Diese attraktive Südoststeirerin ist sowas von keinem Großmütterchen, wenn sie ihr scheinbar gewichtsloses Akkordeon mit zarten Händen ohne Mühen hebt und senkt, quetscht und zieht – und dabei noch auf einem Bein steht – wenn sie nicht gerade quer über die Bühne zu ihren Musikern tanzt. Da geht die Post bzw. die Polka ab, Polka jetzt nicht im Sinne von Humtatah zu verstehen. Klarinette und Akkordeon liegen zwar nahe an der fließenden Grenze zur Volksmusik, die breiteste Schublade wäre aber noch zu klein, vielleicht Tango Nuevo meets Balkan oder Jazz, es wechseln traditionelle Stücke mit Worldmusic, alle Rhythmen passen jedoch irgendwie zusammen, schmiegen sich in Harmonie aneinander. Saxofon und Akkordeonklänge arrangieren sich in natürlichen Schwingungen, die Musiker scheinen synchron zu atmen, wenn sie virtuos ihre sonst beinahe unvereinbaren Instrumente spielen. In der Tat leitet das Großmütterchen keine Band, sondern eine gereift-schräge Fusion aus Klezmer, Balkan & Jazz vom Feinsten. Kuhglocken und Almstimmung beim Jodüheh. Und das anfänglich Schräge wird zur weiten Ebene, so als ob die Welt noch flach wäre. Das schafft einen grenzenlosen Tanzboden. Tanzen ist ohnedies dringend angeraten. Großmütterchen Hatz sind Franziska Hatz Akkordeon, Stimme, Richie Winkler Saxophon, Klarinette, Stimme, Andrea Fränzel Bass, Stimme und Saša Nikolic Schlagzeug, Stimme.

Foto und Text Gerald Ganglbauer

Schlagzeuger Saša Nikolic wude in drr Zwischenzeit durch Jörg Mikula ersetzt (Foto: Peter Purgar)